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Römer in ihnen erstickt haben würde. 355 Da ihnen der Tod durch Henkershand für den Fall ihrer Unterwerfung sicher war, so wollten sie doch weit lieber noch den edleren Tod auf dem Schlachtfelde sterben. Dazu kam die siegende Obmacht des Verhängnisses, nach welchem die Unschuldigen mit den Schuldigen und die ganze Stadt mit der Partei des Aufruhrs ins Verderben stürzen sollten.

356 (2.) In vier Tagen hatten alle Römer, eine Legion nach der andern, ihre Löhnung erhalten. Als nun am fünften Tage noch gar kein friedliches Entgegenkommen seitens der Juden sich zeigte, theilte Titus seine Legionen in zwei Partien und machte sich an die Aufschüttung der Dämme, sowohl gegen die Antonia zu, wie auch in der Nähe des Johannesdenkmals. Von der letzteren Stelle aus hatte er im Sinne, die Oberstadt zu nehmen, während er den Tempel von der Antonia aus erobern wollte; 357 denn so lange der Tempel nicht in seiner Gewalt war, war auch der Besitz der Stadt nicht ganz sicher. An jeder der beiden Stellen wurden nun zwei Dämme aufgerichtet, von jeder Legion einer; 358 doch wurden die Wallarbeiter bei dem Grabdenkmal von den Ausfällen der Idumäer und der Kriegsschar des Simon, die Römer vor der Antonia aber von den Leuten des Johannes und dem Zelotenhaufen belästigt, 359 wobei die Juden nicht bloß mit ihren Handgeschossen, die sie von einem höheren Punkte aus schleudern konnten, im Vortheil waren, sondern selbst mit ihren groben Geschützen, da sie dieselben mittlerweile bedienen gelernt hatten, indem die tägliche Uebung auch bei ihnen allmählich den Meister machte. Sie hatten 300 Katapulten und vierzig Steinschleudern, durch welche sie den Römern ihre Arbeit an den Dämmen sauer genug machten. 360 Da aber Titus sich wohl bewusst war, dass die Rettung und das Verderben der Stadt am tiefsten sein eigenes Interesse berühre, so unterließ er es bei dem nachdrücklichsten Betrieb der Belagerungsarbeiten nicht, den Juden ins Gewissen zu reden, 361 und unterbrach seine kriegerischen Anstalten immer wieder durch Friedensvorschläge. Ueberzeugt davon, dass das Wort oft weit schneller zum Ziele führe, als das Schwert, mahnte er sie persönlich zu wiederholtenmalen, die fast schon genommene Stadt zu übergeben und damit auch das eigene Leben zu retten. Endlich schickte er auch noch den Josephus an sie mit der Weisung ab, mit den Juden in ihrer Muttersprache zu unterhandeln, weil er dachte, dass sie sich von einem Landsmann leichter zum Nachgeben bestimmen lassen würden.

362 (3.) Josephus suchte zunächst im Umkreise der Stadt einen Standort, der für die Pfeile der Juden nicht erreichbar war, von

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/411&oldid=- (Version vom 1.8.2018)