wo ich euch wegen eurer Rettung zu Herzen rede, und thut schon so erbittert bei einer leisen Mahnung an eure Missethaten, ja ihr könnt von jenen Dingen, die ihr doch selbst, Tag ein, Tag aus verübet, aus meinem Munde nicht einmal den Namen vertragen. 394 Ein anderes Beispiel! Als Antiochus, mit dem Beinamen Epiphanes, nach vielen maßlosen Freveln gegen die Gottheit sich zuletzt vor dieser Stadt lagerte, da stürzten sich unsere Vorfahren mit den Waffen in der Hand gegen ihn, um zu erreichen, dass sie selbst im Kampfe hingemetzelt, überdies die Stadt von den Feinden vollständig ausgeraubt, und das Heiligthum für drei Jahre und sechs Monate verödet wurde. Wäre es da noch nothwendig, die weiteren Ereignisse zu berühren? 395 Wer hat denn eigentlich die Römer gegen unser Volk zu den Waffen gerufen? Nicht die Gottlosigkeit der eigenen Landeskinder? Wo hat denn unsere Knechtschaft begonnen? War das nicht damals, wo unsere Vorfahren untereinander in blutige Fehde geriethen, 396 wo der Wahnwitz eines Aristobulus und Hyrkan und ihre gegenseitige Eifersucht den Pompejus der Stadt auf den Hals geschickt oder eigentlich Gott der Herr jene unter das römische Joch gesteckt hat, die keiner Freiheit mehr wert waren? 397 Nach einer Belagerung von drei Monaten mussten sie sich bekanntlich den Römern unterwerfen, obschon sie keineswegs so große Verbrecher an Tempel und Gesetz waren, wie ihr seid, und weit reichlichere Hilfsquellen für ihren Widerstand zur Verfügung hatten. 398 Ist uns dann das Ende des Antigonus, des Sohnes des Aristobulus, nicht mehr erinnerlich, unter dessen Herrschaft Gott das nachlässige Volk mit einer abermaligen Eroberung geschlagen hat? Herodes, der Sohn des Antipater, hat uns damals den Sosius, Sosius aber ein römisches Heer ins Land gebracht. An sechs Monate waren die Juden damals umschlossen und belagert, bis sie mit der Eroberung und der totalen Plünderung der Stadt durch die Feinde für ihre Sünden büßen mussten. 399 So hat also Gott, wie man sieht, zu keiner Zeit unserem Volke das Schwert in die Hand gegeben: Das Schwert ergreifen und geschlagen werden, ist bei ihm völlig eines. 400 Denn nach meiner Meinung sollten die Umwohner einer gottgeweihten Stätte das ganze Gericht auch Gott überlassen und im selben Augenblick den Arm eines Menschen verschmähen, wo sie selbst sich um die Gunst des höchsten Richters bemühen. 401 Und habt ihr denn überhaupt etwas von dem gethan, woran der Gesetzgeber die Verheißung des Segens geknüpft hat? Oder habt ihr etwas von dem unterlassen, was er mit dem Fluche bedroht hat? Um wie vieles überragt ihr doch an Gottlosigkeit jene, welche weit schneller in die Hände ihrer Feinde gefallen sind? 402 Sind euch denn nicht die geheimen Vergehen, wie z. B. Diebstähle, Intriguen
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 416. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/416&oldid=- (Version vom 1.8.2018)