Unbekannt: Dresdener Kunstausstellung 1816 | |
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Genovevens Züge erinnern an eine stehend gewordene, wiederkehrende Idealform aus dem Alterthume, welcher das Individuelle und Charakteristische fehlt.
Fouqués reiche Dichtungen haben auch jetzt wieder einige wackere Zeichnungen veranlaßt, wir eine Scene aus Sigurd von Jul. Schnorr; wie denn auch derselbe zwanzigjährige Künstler eine andere größere Zeichnung geliefert hat, den Kampf des Christen- und Heidenthums, welche durch Erfindung, Anordnung und Symmetrie der Gegensätze, durchgehendes gehaltene Charakteristik eben so sehr als durch freie, wohlverstandene Zeichnung zu großen Hoffnungen berechtigt.
Unter den Porträts verdienen durch geistreiche Anffassung, kräftige sichere Behandlung, wiederum zwei Bilder des Prof. Matthäi den Preis. Es ist eine seltene Wahrheit und Tiefe der Charakteristik darin. Ein angenehmes, geistreich behandeltes Mädchenköpfchen hat Cassee, der Sohn, in Pastellfarben geliefert.
Gern erinnerte ich an manche gelungene Acte, architektonische Zeichnungen, und Kupferstiche; aber wer möchte alles Gute auffassen? Des Plastischen war außer ein Paar Büsten wenig da, was erwähnt zu werden verdiente. Auch der fleißigen Stickereien von Louise Schadenhausen kann nicht einzeln gedacht werden. Nur Opitzen’s charakteristische Scenen aus Frankreichs Sitte und Leben, eine Reihe höchst drollig und witzig aufgefaßter, mit sinnvoller Wahl treu zusammen gestellter, leicht und fertig ausgeführter Situationen, verdienen eine ehrenvolle Auszeichnung. In Allem herrscht eine bunte Lust und Fülle der Ironie.
Unbekannt: Dresdener Kunstausstellung 1816. Landes-Industrie-Comptoir, Weimar 1816, Seite 664. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Journal_des_Luxus_und_der_Moden_1816_Seite_655-665.djvu/11&oldid=- (Version vom 8.9.2024)