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die er bisher nur wenig kannte und die doch so viel Sehenswertes bot.

Hongkong, gegenüber dem Mündungsdelta des Sikiang und ebenso gegenüber dem portugiesischen, zu völliger Bedeutungslosigkeit herabgesunkenen Hafen von Makao auf einer Insel gelegen, ist ein sprechender Beweis für die Großzügigkeit englischer Kolonialpolitik. Man betrachte nur einmal eine Weltkarte, und man wird bemerken, daß dieses Inselvolk es verstanden hat, sich überall da festzusetzen, wo der Besitz einer noch so kleinen Kolonie für den friedlichen Handel ebenso sehr wie für kriegerische Unternehmungen gleich wertvoll ist. Gibraltar, die Inseln Malta und Cypern, der Suez-Kanal, Aden und Sokotra sichern den Briten die Beherrschung des Seeweges nach Indien. Und so ist es in der ganzen Welt. Überall hat England sich eingenistet, überall bewacht es See- und Landwege von Bedeutung.

Denselben Gedanken hing auch der Leutnant Gerhard Reuter nach, als er jetzt das lebhafte Hafenbild von Hongkong betrachtete. Allmählich entfernte er sich mehr und mehr von den dicht am Bollwerk gelegenen Riesenspeichern großer Handelsfirmen und kam in ein Viertel, in dem sich eine Anzahl begüterterer Seeleute in kleinen, sauberen Häuschen niedergelassen hatte. Diese Gegend war in gewissem Sinne international. Alles, was ständig in Hongkong, sei es als Schiffskapitän, Steuermann oder Maschinist, sein Brot verdiente, wohnte hier dicht beieinander. Reuter glaubte sich plötzlich in eine europäische Hafenstadt versetzt, so sehr erinnerten ihn Vorgärten, Blumenbeete und die schmucken, niedrigen Häuschen an ähnliche Viertel drüben im alten Europa.

Er schlenderte jetzt langsam eine schmale Gasse entlang, blieb dann plötzlich stehen und schaute nach zwei Kindern hin, deren blondes Haupthaar und blaue Augen die Vermutung in ihm auftauchen ließen, deutsche Landsleute vor sich zu haben.

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W. Belka: Kapitän Bergers Kinder. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kapit%C3%A4n_Bergers_Kinder.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)