wohl sehr gereizt haben, denn sonst kommt das nicht so leicht vor, daß er so unangenehme Gaben spendet. Ihr hättet ihn gewiß nicht gekränkt, wenn Ihr eine Ahnung gehabt hättet, was für ein mächtiger Herr er ist! Da richtet unsereiner mit den schönsten Zaubersprüchen nichts aus, sondern muß die Sache im Guten in Ordnung zu bringen trachten. Nun, ich weiß, ich habe bei ihm von früher her einen Stein im Brett und darum konnte ich es mir erlauben, ihm die Raben mit einem sehr höflichen und ergebenen Brieflein zurückzuschicken. Aber Ihr könnt aus diesem Erlebnis die Lehre ziehen, daß auch unserer Macht Grenzen gesetzt sind. Und die muß man genau kennen, wenn man nicht empfindlichen Schaden nehmen oder sich zumindest vor den Leuten nicht lächerlich machen will. Eure Unkenntnis der Dinge ließ Euch auch nicht den Grund erkennen, warum Mensch und Tier in diesem Dorfe stumm waren. Euch war eben nicht bekannt, daß man aus einer leblosen Sache, wie es ein Stück Holz oder ein Stein ist, wohl ein lebendiges Wesen machen kann, das da ißt und trinkt und sich bewegt, aber man kann ihm nimmer die Gabe verschaffen, sich durch seine Zunge vernehmlich zu machen. Dieses stärkste Zeichen des Lebens, dieses höchste der Wunder hat sich der Meister aller Meister im Himmel oben selbst vorbehalten. Wenn Ihr meinetwegen Sperlinge in Menschen verwandelt hättet, so hätten sie sprechen können, oder wenn Ihr aus Ameisen Kühe gemacht hättet, so wären sie auch nicht stumm gewesen, weil das Leben als Gottesgabe schon in ihnen war. Nie und nimmer aber konnte jenes Scheinleben, das Ihr den hölzernen Püppchen verliehen habt, sich durch eigene Laute vernehmen lassen. Doch so geht es ja allen Anfängern in unserer Kunst. Jeder von ihnen glaubt, daß er sich, wenn ihm jene geheimnisvolle Kraft zuteil geworden ist, gleich das Blaue vom Himmel herunterholen kann. Merket Euch wohl: Zaubern können heißt noch lange nicht allmächtig sein. Da liegt noch viel, sehr viel dazwischen. Wer es sich ersparen will, in solche Schwierigkeiten zu kommen, wie sie Euch nun schon wiederholt zugestoßen sind, der darf die Mühe nicht scheuen und
Rudolf Slawitschek: Anastasius Katzenschlucker, der große Zauberer. Vlg. des Deutschen Kulturverbandes, 1929, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Katzenschlucker.djvu/42&oldid=- (Version vom 21.5.2018)