Seite:Ketteler Leichenrede 1848.pdf/8

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jene, die ihnen die Kugeln durch die Brust geschossen, die mit der Sense ihnen den Schädel gespalten? Und ich sage unbedenklich, nein, sie sind es nicht! Die Gedanken sind es, die auf Erden die guten und die bösen Thaten gebähren, und die Gedanken, die diese Thaten hervorgerufen, ruhen nicht in unserem Volke. Ich kenne auch das deutsche Volk. Ich kenne es zwar nicht aus den Volksversammlungen, ich kenne es aber aus seinem Leben. Ich lebe mit und unter dem Volke, ich kenne es in seinen Leiden, in seinen Schmerzen. Es fließen nicht viel Thränen in dem Volke, dessen Leitung mir anvertraut ist, die es mir nicht klagt, die ich nicht mit ihm theilte und zu lindern suchte. Ich habe mein ganzes Leben dem Dienste des armen Volkes gewidmet, und je mehr ich es kennen gelernt, desto mehr habe ich es lieben gelernt, ich weiß wie große edele Anlagen unser deutsches Volk von Gott erhalten hat. Nein, ich rufe es abermals, und o möchte meine Stimme zugleich mit der Kunde von dieser That in alle Welt hinaushallen, nein nicht unser edeles biederes deutsches Volk ist es, aus dem diese entsetzliche That hervorgegangen. Von ihm gelten die Worte unseres Erlösers: „Es hat nicht gewußt, was es gethan.“ Aber die Mörder sind jene Männer, die dahin streben, im Volke den Glauben an den allmächtigen Gott zu vertilgen; es sind jene Männer, die Christus, das Christenthum, die Kirche vor dem Volke verhöhnen, verspotten, verlachen und mit ihrem niedrigen Geifer beflecken; es sind jene Männer, welche die beseligende, frohe Botschaft von der Erlösung

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Emanuel von Ketteler: Leichenrede, gesprochen am Grabe der am 18. September gewaltsam Ermordeten und der im Kampfe gegen die Aufständischen Gefallenen. , Frankfurt am Main 1848, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ketteler_Leichenrede_1848.pdf/8&oldid=- (Version vom 1.8.2018)