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Dragomanow aus. Ein geborener Ukrainer, verließ er, als in den siebziger Jahren die Verfolgungen der kleinrussischen Schriftsteller in der russischen Ukraine immer unerträglicher wurden, die Heimat, wo er eine Professur an der Kiewer Universität bekleidete, und verlegte seinen Wirkungskreis nach Galizien, später in die Schweiz und schließlich nach Bulgarien, wo er im Jahre 1895 als Professor an der Sofianer Hochschule starb. Dragomanow hat durchaus in modernem Geiste auf seine Landsleute gewirkt, hat sie in unermüdlicher, hingebender Arbeit mit allen modernen Geistesströmungen Europas bekannt gemacht.

Der Hauptvertreter und Vorkämpfer dieser von Dragomanow vorbereiteten, in modernen Bahnen vorwärts schreitenden Litteratur ist der Galizier Iwan Franko (geboren 1856). Auch Franko ist der Sohn eines Bauern, und wie die besten unter seinen Vorgängern hält er mit Stolz und mit ganzer Seele zum Bauernvolke. In allen Zweigen der Litteratur ist er in erstaunlicher Vielseitigkeit hervorgetreten und mit zäher Bauernenergie kämpft und arbeitet er unermüdlich für sein Ideal: die Befreiung seines kleinrussischen Volkes aus jeder Art der Unterdrückung und Unfreiheit. Kaum je aber tritt in seinen künstlerischen Werken das Wirken für dieses Ideal in störender, predigthafter Weise hervor; durch die realistische Kraft der Darstellung erreicht er meisterhaft sein Ziel: er ist ein Tendenzdichter im guten Sinne des Wortes. In seinen Erzählungen

Empfohlene Zitierweise:
Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite XXI. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/29&oldid=- (Version vom 13.9.2022)