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erinnern, nur an das, daß sie sich dicht an ihn geschmiegt hat und es ihm bei ihrer Berührung in den Gliedern wie eine Sonne aufgestrahlt hat. Dabei hat sie so leise aufgelacht wie damals, als er ihr gesagt, daß nach ihm alle Mädchen „sterben“. Auch hat sie ihn aufgefordert, mit ihr auf eine Höhe zu steigen, wo es einem schon schwindelt.

„Du mußt mich suchen,“ hatte sie ihm auch unter anderem gesagt, und diese Worte hatte er sich ganz genau gemerkt; sogar den Tonfall ihrer Stimme. Heute Morgen hatte er sich auf seinen wilden Hengst gesetzt und war wie toll den Weg geritten, den er mit ihr zurückgelegt.

Vielleicht saß sie dort irgendwo und malte die Tannen und hörte zu, wie der Wald rauscht?

Aber er hatte sie nicht gefunden.

Einmal schien es ihm, als ob etwas Menschenähnliches durch den Wald ginge, und er horchte mit angehaltenem Atem nach allen Seiten, stand regunglos wie ein Tiger auf der Lauer … aber es war ein Hirsch, und das Pferd wäre ihm fast vor Schreck in den Abgrund gesprungen … Das hatte er von jenem Ritt.

Empfohlene Zitierweise:
Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/79&oldid=- (Version vom 13.9.2022)