die den Unterschied aufsucht, für überkünstliche Grübelei erklärt — er hat Recht, denn die Idee ist Alles und bleibt sich immer gleich.
Die Gleichgültigkeit gegen den geschichtlichen Unterschied, die
Hegel, wenn er sie in seinen grosen geschichtlichen Anschauungen
und Ausführungen verläugnete, auf Kosten des Zusammenhangs
seines systems überwand, begründet die Popularität seiner schüler, die sich mit wahrhaft religiöser Pietät hüteten, die ewige
sichselbergleichheit der Idee auch nur durch Eine bedeutende
Ansicht über eine Periode der Geschichte zu stören begründete namentlich die auserordentliche Popularität von strausens
Werk.
Dieser Mangel an persönlichem stolz, der sich in der Parallelisirung und Gleichsetzung der christlichen Anschauungen, unserer letzten Erzieher, mit heidnischen und jüdischen Vorstellungen ausspricht, macht strausen zu einem Fortsetzer der Aufklärung des vorigen Jahrhunderts und zugleich zum philosophischen Vorläufer der spätern Lichtfreundschaft; wenn er die christliche „sage“ mit Bertholdts Hilfe für einen blosen Abdruck der vermeintlichen jüdischen messianischen Dogmatik erklärt, so verfährt er eben so gründlich wie z. B. Voltaire, der das Judenthum erfast zu haben glaubte, wenn er es mit spencers und seldens, eigentlich nur mit Bolingbroke's, also mit einer gleich machtlosen Hilfe aus dem Heidenthum ableitete.
Selbst Strausens philosophischer schlussas: „wenn wir das Menschwerden, sterben und Wiederaufstehen als den ewigen Kreislauf, den endlos sich wiederholenden Pulsschlag des göttlichen Lebens wissen, was kann an einem einzelnen Factum,
Bruno Bauer: Kritik der Evangelien und Geschichte ihres Ursprungs 4. Band. Gustav Hempel, Berlin 1852, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kritik_der_Evangelien_und_Geschichte_ihres_Ursprungs,_Vierter_Band%E2%80%93Claremont.djvu/15&oldid=- (Version vom 4.5.2023)