Tierepen ins Volk gedrungenes Kunstmärchen ist. Aber dieser Annahme widersprechen andererseits die unbestreitbaren Vorzüge der volkstümlichen Varianten vor den geschriebenen. Die jungen Tiere sind in den ersteren ganz allein in der Höhle zurückgeblieben, und das Necken seitens des zur Höhle Gehenden erscheint als eine gegen ihre Mutter gerichtete Drohung, infolge deren diese sich dann in den Hinterhalt legt und auf den zum zweiten Male (Aj ‘Kaavi 2’ zum dritten Male) Kommenden losstürzt. In den letzteren Varianten erfährt die Mutter, welche ganz in der Nähe krank liegt, sofort, dass der Neckende ihre früheren Sünden ihren Kindern offenbart hat, und läuft in ihrem Aerger direkt ihm nach. Die enge Stelle, durch welche der kleinere Verfolgte leicht kommen kann, in der aber der grössere Verfolger hülflos stecken bleibt, ist in den volkstümlichen Varianten, abgesehen von einer kaukasischen, welche dadurch, dass sie sich an ein anderes geschriebenes Tiermärchen angeschlossen hat, augenscheinlich als aus der Kunstdichtung entlehnt sich erweist, ganz regelmässig der Zwischenraum zwischen zwei Bäumen, weshalb der Fuchs, nachdem er hindurchgelaufen, sofort wieder umkehren kann; in den geschriebenen Varianten ist es eine in eine Höhle führende Oeffnung, wodurch, sobald die Wölfin den Weg sperrt, ein zweiter Ausgang nötig wird, damit der Fuchs hinausgelangen kann. Hierin kommt nun die älteste in der Sprache des Volkes geschriebene Fabelliteratur, fast gleichaltrig mit dem in der Sprache des Volkes verfassten Tierepos und wenig jünger als der Ysengrimus, den volkstümlichen Varianten zu Hülfe.
Marie de France (No. 60).
Da ist nun nicht bloss der Umstand, dass der in dieser mittelalterlichen Fabel vorkommende Strauch dem Baumgeäste der volkstümlichen Varianten entspricht, sondern auch die Beibehaltung des in der schwedischen Variante fehlenden Bären ein klarer Beweis dafür, dass in Nordfrankreich noch am Ende des XII. Jahrhunderts nordische Tiermärchen vom Bären und Fuchse im Umlauf waren. Denn dass vorliegendes Märchen zu den eigentlich
Kaarle Krohn: Bär (Wolf) und Fuchs. Suomalaisen Kurjallisuuden Seuran Kirjapainossa, Helsingissä 1889, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Krohn_B%C3%A4r_(Wolf)_und_Fuchs.djvu/93&oldid=- (Version vom 1.8.2018)