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Seite:Kunst-Blatt 1816 Kunstausstellung Dresden.djvu/1

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Etwas über die Ausstellung von Kunstwerken bey der Königl. Sächsischen Akademie der bildenden Künste zu Dresden.

Diese Ausstellung hatte sonst jedes Jahr zu Anfänge des Monats März statt, wo sie bis Ostern desselben Jahres dauerte. Von der dermaligen General-Direktion der Akademie ist jedoch sehr zweckmäßig diese Zeit in den August verlegt, und also ist zum Erstenmale die Ausstellung den 3. August, als dem Namenstage des Königs von Sachsen eröffnet worden. Dadurch haben nicht nur die Künstler eine bessere Sommerzeit für ihre zu diesem Zwecke bestimmten Gemählde gewonnen, sondern es ist auch für die Zuschauer gesorgt worden, denen vorher die trüben und kalten Tage des März-Monats sehr wenig zu statten kamen. Unläugbar hat auch das Lokale, in welchem diese Ausstellung geschieht, durch die, während des General-Gouvernements im Jahr 1814 geschehene Erbauung der breiten, schönen, und gerade vom Brückenplatze aus auf die Brühlische Terrasse führenden Treppe einen weit freundlichern Zugang erhalten, so daß sich wenige Akademien eines gleich günstigen Platzes zu rühmen haben.

Seit dem Jahr 1813 hatten wir das Vergnügen einer Ausstellung entbehrt, denn die im Frühjahre des folgenden Jahres in Eil vom General-Gouvernement verunstaltete gab uns fast gar nichts Neues, sondern nur einige bereits früher ausgestellt gewesene Sachen unsrer Künstler. Um so mehr freuten wir uns auf diese, wieder in den vorigen Saal übergetragene, Ausstellung, und auch in dieser Hinsicht war uns der 3. August, der ganz Sachsen mit Freude erfüllte, ein festlicher Tag. Allerdings können wir auch mit dem zufrieden seyn, was uns die diesjährige Ausstellung darbietet, ob wir schon geglaubt hätten, daß nach einem so langen Zwischenraume die Ausbeute noch reichlicher seyn würde.

Im mittelsten Saale erblicken wir zuerst unter Nro 3., 11. und 15. drey Oelgemählde der Fräulein Therese von Winkel nach italienischen Meistern, die sich durch Treue, Fleiß und Praktik des Pinsels auszeichnen. Es sind: die Madonna della Sedia nach Raphael, die Magdalena nach Corregio, und Christus mit der Dornenkrone nach Guido Reni. In dem ersten erkennen wir das glühende und doch so innige Leben des Urbinaten, und in dem letztern die weiche, schmelzende Behandlung dieses Sohnes von Bologna wieder. In Oel-Miniatur zeigt sich das zweyte, und hält die schönste Prüfung aus, indem es für den ungemeinen Fleiß der Künstlerinn zeugt. Sechs Landschaften nach der Natur Nro. 4. bis 10. von C. Graff, dem Sohne des unlängst verstorbenen Veterans Graff, verdienen das Lob einer interessanten, fleißigen und treuen Behandlung; und sollten auch die in Oel gemahlten vielleicht etwas zu farbenreich erscheinen, so haben die drey andern en gouache einen desto vorzüglichern Ton. Sie stellen Gegenden bey Albano, TLvoli, Olevano (einem kleinen Städtchen im Kirchenstaate) und am Zuger See vor.

Unter Nro. 13. befindet sich ein sehr braves Gemählde, von Hrn. Näke, Schüler des Professors Grassi, die heilige Genovefa in der Einöde vorstellend. Es ist eine eigne Erfindung des jungen talentvollen Künstlers, auf welcher die Heilige vor einem einfachen Christusbilde in der Einöde kniet, und ihrem Sohn, dem kleinen Schmerzenreich, die Händchen ebenfalls zur Andacht faltet. Hinter ihr sieht man die Hirschkuh. Das Christbild steht auf einem Felsenstücke, das mit wuchernden Kräutern und Gesträuchen umgeben ist, indem überall Feldblumen ihre Farben entfalten. Heiliger Friede herrscht über dem Ganzen, die beyden kleinen Vögel weilen ruhig auf den Aesten, und selbst das sonst so scheue Paar junger Häschen entfernt sich nicht vor den Betenden. Höchst fleißig ist Alles gearbeitet, und mit innwohnender Liebe und Andacht, die sich in dem Ganzen recht wohlthuend ausspricht.

Wilhelm Scheben aus Bonn hat Nro. 19. u. 20. die beyden bekannten, von seinem Meister Gerhard von Kügelgen gearbeiteten, Portraits des großen Goethe und des genialen Oehlenschläger kopirt; wir können aber nicht ganz damit zufrieden seyn, besonders ist der Ton viel zu rothbraun in dem Goethe’schen Brustbilde. Zu wünschen wäre hierbey, daß wir einmal von diesem oder einem andern unserm Goethe recht gleichenden Bilde einen wackern Kupferstich bekämen.

Der blühende Distelzweig der Dem. Therese Richter und drey verschiedne Brennesseln Nro. 174. u. 175. sind gut gearbeitet. Wir bemerken hierbey, daß uns die Einrichtung des Katalogs, nach welchem die Bilderzählung mit Nro. 20. in das nächste Zimmer hinüberspringt, und dann erst mit Nro. 175. wieder in das erste Zimmer hereinkommt, dann aber noch einmal bey einem zweyten Nebenzimmer denselben Abstecher macht, nicht gefallen will, und störend ist. Jedes Zimmer sollte seine fortlaufenden Nummern haben, um in der Reihe fein fortgehen zu können.

Ein Sohn des braven Kupferstechers Stölzel hat unter Nro. 178. eine Kopie nach Barocci, Hagar in der Wüste, ausgestellt, und bey seiner großen Jugend dadurch gute Hoffnungen erregt. Ebenso ist das männliche Portrait

Empfohlene Zitierweise:
Donatus: Etwas über die Ausstellung von Kunstwerken bey der Königl. Sächsischen Akademie der bildenden Künste zu Dresden. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1816, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunst-Blatt_1816_Kunstausstellung_Dresden.djvu/1&oldid=- (Version vom 16.9.2024)