Darauf antwortete sie nicht, sondern fragte ihn weiter:
„Ich habe Sie hier noch nie gesehen, – wie kommt das? Sind Sie zum erstenmal hier?“
„O nein, oft sogar!“
„Aber ich auch ... Dann ist es doch merkwürdig – – –“
„Ja, sehr – –“
„Aber nun kennen wir uns,“ lachte sie, „oder eigentlich doch noch nicht! Wie heissen Sie?“
„Ludwig Schmidhammer,“ sagte er einfach.
„Ich heisse Leonore Welti. Aber niemand nennt mich Leonore.“
„Wie dann?“
„Die Leute, die mich lieb hatten, nannten mich Lea, – die andern nennen mich Nora!“
„Dann würde ich Sie immer Lea nennen“, sagte er ganz leise.
Sie erwiderte nichts darauf, fand es aber nicht sonderbar, dass er das gesagt hatte.
Nach einer Weile begann sie wieder:
„Ich möchte wissen, warum Sie so unglücklich aussehen. Darf ich das wissen?“
„Sehen Sie es denn nicht, warum?“
Hennie Raché: 'Liebe. Roman'. G. Müller-Mann’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1901, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebe_(Hennie_Rach%C3%A9).djvu/18&oldid=- (Version vom 24.10.2016)