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Ein Waldspaziergang.

„Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende!“ dachte der Nordostwind.

Er konnte es einfach nicht mehr ansehen, dieses Gezippel und Gezappel. Hier löste sich ein Blatt vom Baum und genierte sich langsam zu Boden, da tat eins, als mache ihm das Spaß; aber als es da unten war, versuchte es wieder emporzuhüpfen, was ihm aber vorbeigelang.

„Keine Faulheit vorgeschützt, Kinder!“ sagte der Wind und machte sein Frisierbesteck auf. Erst nahm er den großen Kamm, ging damit den Bäumen über die Köpfe und sagte: „Aber hübsch still sitzen, sonst ziept’s!“ und dann nahm er den engen, und gründlich ging er zu Werke, so gründlich, daß, als er endlich aufhörte und sagte: „So, nun seht ihr aber anders aus!“, die Bäume ziemlich dumme Gesichter machten und sich dachten: „Das stimmt; aber schöner sehen wir gerade nicht aus.“ Doch sagten sie das nur ganz leise, damit der Nordostwind es nicht hörte, denn, wenn der wütend wird, ist er etwas rücksichtslos.

Hier mitten im Walde ist eine große Blöße. Einst war sie mit hohen Buchen bestanden. Wie das nun gekommen ist, das weiß man nicht; jedenfalls lagen eines morgens dreitausend Buchen auf der Nase und zappelten mit den Füßen hilflos in der Luft umher. Der Zaunkönig, der dort in dem verrotteten Wurfboden einen solchen Lärm schlägt, als wäre er nicht einen Zoll, sondern drei Fuß lang, ist natürlich der Ansicht, daß der Ostwind ihm zuliebe den Windbruch angefertigt

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Hermann Löns: Der zweckmäßige Meyer. Sponholtz, Hannover 1911, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loens_Der_zweckmaessige_Meyer.pdf/100&oldid=- (Version vom 1.8.2018)