geschlecht. Es war ein geschlecht von romantikern, die der meinung waren, in der steilheit des daches offenbare sich die ganze schönheit des hauses. Je steiler ein dach, desto schöner. Das dach wurde auf einmal zu einer sache der ästhetik, zu einer sache der ästhetik der mitte des neunzehnten jahrhunderts. Denn hätten die bautechniker, die baumeister und architekten in den jahren, in denen die renaissance begann, das horizontale dach machen können, dann wäre es ein triumph für den einfachen handelsmann in Schlesien geworden. Was wurde nicht für unsinn getrieben! Es wurde ein kampf zwischen winkel und horizontaler linie geführt.
Ich weiß nicht, wie es anderswo war. In Österreich baute man überall renaissancefassaden, die flache dächer vortäuschten; es waren nur attrappen, denn es befanden sich steile giebeldächer dahinter. Die fenster im oberen stook waren falsch; hie und da gab es ein giebelfenster:
Hätte man damals das holzzementdach gehabt!
Holzzementdächer, die in den vierziger jahren gemacht wurden, funktionieren ohne reparatur noch heute wie damals. Beim holzzementdach gibt es überhaupt
Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 423. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/425&oldid=- (Version vom 1.8.2018)