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das Knallen seiner Peitsche, das Geräusch der Pferde und seinen Ruf: Hoi! Hoi! vom Bärenloch durchs ganze Utterode bis zu dem Stein – dann noch einen schrecklichen Aufschrei, dann ist alles still. In der Nähe zieht die Kniebreche steil zum Rennsteige empor, auch an ihr eine verzauberte Höhle, zu der einst ein Venetianer aus Dankbarkeit einem Einwohner von Baierrode den Schlüssel hinterlassen, weil er selbst genug davon getragen, und nicht wieder nach Thüringen zurückkehren wollte. Der alte Fuchs, hieß der baierroder Mann, ging in Folge der Belehrung, welche ihm von dem Venetianer zu Theil geworden, in der nächstfolgenden Johannis richtig in die Kniebreche, fand das Thor der Höhle, schloß es auf, ging hinein. Muth mußt Du haben! hatte der Venetianer gesagt, und der alte Fuchs hatte Muth. Er fürchtete sich nicht, als er an einem zweiten Thore große schwarze, grimmige Zottelhunde mit feurigen Telleraugen und blutrothbrennend aus dem Rachen hängenden Zungen erblickte, und erschloß auch das zweite Thor. Vor dem dritten Thore saß ein Drache der hatte Zähne armslang und spie Feuer klafterlang und hatte einen Schweif schürbaumlang. Der muthige Fuchs ging mitten durch des Drachen Feuerschnauben und erschloß auch das dritte Thor. Jetzt stand eine ganze Braupfanne voll Gold vor ihm, er begann wacker einzusacken, und um nicht, wie die Schätzefinder gewöhnlichen Schlages, das beste, den Schlüssel zu vergessen, steckte er diesen vorsichtig zu allererst in seine Jackentasche. Mit einemmale krachte und polterte es hinter ihm, als ob der Berg zusammenprassele, und die Höhle bebte, und der alte Fuchs sah sich erschrocken um, und war ihm doch das Umsehen bei Leibe verboten. Da erbebte die Höhle in ihren Grundfesten,

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/261&oldid=- (Version vom 1.8.2018)