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246.
Das Wappen von Triptis.

Das Wappen der Stadt Triptis ist ein Ritter, dem eine Frau einen Becher reicht, während beide unter einem Apfelbaume stehen. Im Volke wird die Entstehung dieses Wappens also erzählt: Bertha, Wibrechts von Groitzsch schöne Tochter, ging einst an einem heißen Sommertage spazieren, und kam in die Gegend der heute sogenannten Schloßwiese. Dort gewahrte sie die noch jetzt daselbst fließende Quelle, und um sich durch einen Trunk zu laben, beugte sie sich zu derselben nieder, um mit der hohlen Hand zu schöpfen. Da erblickte sie in dem krystallenen Spiegel den Grafen Dedo von Wettin mit einem Becher in der Hand. Bei ihrer Zurückkunft auf ihres Vaters Schloß wurde ihr mitgetheilt, daß Graf Dedo um ihre Hand bei Graf Wiprecht von Groitzsch geworben, und in Kurzem wurde sie Dedo’s Verlobte. Aber Dedo war ein finsterer, unfreundlicher Herr, ihm gefiel es wenig daheim bei seiner Gemahlin, er schwärmte und schweifte im Lande herum, ging gern auf Abenteuer aus und kam oft Jahre lang nicht nach Hause. Einsam und verlassen verweilte aber oft Bertha an jener Quelle, die ihr einst Dedo’s Bild gezeigt, und gedachte seiner, denn sie liebte ihn. So saß sie auch einmal traurig dort, da kam ihr Gatte mit seinen Reisigen vorbeigezogen, und als er seine Gemahlin gewahrte, wandte sich sein starrer Sinn – und beide Gatten söhnten sich an jener Quelle aus. Dedo aber hatte früher schon einen Zug in das heilige Land zu thun gelobt! deshalb mußte er noch einmal von Bertha scheiden. Bis zu jener Quelle geleitete

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/119&oldid=- (Version vom 1.8.2018)