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Ludwig Hevesi (1843-1910): Ludwig Speidel, Schriftsteller

nach Stuttgart, wo er bei Krebs und Lindpaintner studierte. Zwei Jahre später heiratete er seine Landsmännin Anna Steiner, mit der er vierzig Jahre in glücklicher Ehe lebte, dann noch zwölf mit zwei Töchtern, gleichfalls Musiklehrerinnen. Er spielte die meisten Instrumente, am besten Geige und Horn, und dirigierte vortrefflich. Er gab bloß Privatstunden, die damals mit 12-18 Kreuzern als nobel gezahlt galten, stand aber auch an der Spitze des »Frohsinn«, dann des »Liederkranz«, der unter ihm 1853 auf dem Sängerfest zu Hall den ersten Preis gewann und ihn 1877 zum Ehrenmitglied wählte. In den sechziger Jahren war er Genosse der »Liechtensteiner«, welche gute Musik pflegen wollten, und leitete das aus ihnen hervorgegangene Quartett. Ein milder, froher Mann, suchte er auch vor allem Freude an der Musik zu wecken. Unter ihm wurde auf Haydn, Mozart, Beethoven geschworen, für die Sensationen des Tages hatte man wenig übrig. Sein älterer Sohn Wilhelm, Professor und Doktor in Stuttgart, war der bekannte Komponist und Musikdirektor. Auf seinen Sohn Ludwig war er besonders stolz. »Das hat mein Sohn Ludwig geschrieben«, pflegte er mit besonderem Nachdruck zu sagen, wenn er so einen Aufsatz aus der Tasche zog und herumzeigte. Stramm bis ans Ende, wollte er durchaus nicht alt werden. Vom Alter durfte man ihm niemals sprechen. Als er einmal mit seinem Stock geneckt wurde, legte er auch diesen ab und humpelte ohne Stütze fürbaß. Er starb nach schwerer Krankheit am 26. Januar 1880.

Auch Ludwig musizierte viel, im Sinne des Vaters, und machte in Ulm das Gymnasium durch. Für die Universität fehlten die Mittel, nur als Gasthörer belegte er dann in München dieses und jenes Kolleg. In der Hauptsache war er selbstgebildet. Noch sind aus jener Zeit mancherlei Schreibereien erhalten; Exzerpte, Lesefrüchte, Wörterverzeichnisse zu lateinischen und griechischen Autoren. Und eine schwere Menge Gedichte. Sein lyrischer Frühling blühte reich genug, und manches davon wird wohl noch die Sonne sehen. Er schickte sich ganz unzweideutig an, der schwäbischen Dichterschule zuzuwachsen. Knappheit, Schlichtheit, ein Schmelz von Naivetät stellten sich wie von selbst ein. Naturfreude, Liebesschwärmerei, alle Sehnsuchten des Jünglings singen los. Wäre er nicht ins Zeitungsgetriebe geraten, in der stilleren Heimat hätte er die Leier nicht sobald beiseite gelegt; wir hätten einen schwäbischen Lyriker mehr. Selbst in Wien noch dichtete er herzhaft; in einigen Nummern des »Wanderer« (28. Mai, 18. Juni 1854) finde ich an der Spitze des Feuilletons »Gedichte von Ludwig Speidel«, acht an der Zahl. »Frühlingslust«, »Die Welt aus der Vogelsicht«, »Letztes Erwachen« u. s. f.; die Druckfehler sind mit Bleistift sorglich verbessert. Die Wiener Feuilletonisten dichteten in dieser Zeitung ganz ungeniert; auch Emil Kuh, L. J. Semlitsch (der Saphirtöter), Emerich Ranzoni. Das war der hoffnungsvolle Nachwuchs. Bruder Wilhelm ermangelte auch nicht, ihn zu vertonen und schreibt (München, 22. Januar 1854): ,Dein Gedicht »Was ich im Sternenglanz gesucht« habe ich komponiert und, wie es scheint, ist es mir gelungen. Nun habe ich fünf Lieder von Dir zusammengestellt, um sie zusammen herauszugeben: 1. Wir haben uns nicht gesucht und doch gefunden. 2. Wie freut mich doch. 3. Vom Weinen. 4. Gefunden. 5. Wir saßen beisammen, bei welchem ich den letzten Vers

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Ludwig Hevesi (1843-1910): Ludwig Speidel, Schriftsteller. Reimer, Berlin 1908, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Speidel,_Schriftsteller.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)