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und also in seiner höchsten Noth ihr ein solches Gelübde gethan, daß sie ihm zu Lübeck vertraut werden sollte. Hierauf nun wäre sein freundliches Begehren, von den gegenwärtigen Herren zu vernehmen, wie er sich in diesen Gelübden zu schicken und verhalten, um sein Gewissen nicht zu verletzen: ob er Gott das erste, oder dieser Jungfrau, welche ihn vom Tode errettet, sein anderes Gelübde halten sollte.

Die Herren Prälaten haben sich verwundert, sind auf die Seite gegangen, und mit der Antwort wiedergekommen: daß er vor allen Dingen Gott halten solle, was er Gott erstlich versprochen; daß er aber der tugendsamen Jungfer seine Dankbarkeit zu beweisen auch nicht vergessen dürfe. Sie möchte sich also in der Stadt Lübeck einen guten, ehrlichen Gesellen erwählen, den sie zum Eheherrn begehrte; dem sollte der Hauptmann so viel an Brautschatz geben, als er schuldig und pflichtig gewesen, der Jungfrau nach seinem Tode, wofern sie sein Ehegemahl geworden, zu verlassen.

Dies Urthel hat der Hauptmann gar gerne annehmen wollen; die Jungfrau aber hat sogleich ein Gelübde gethan, daß sie, wie er, bei ihrer Keuschheit bleiben und ohne Mann ihr Leben enden wolle. Darauf hat sie vom Hauptmann einen ehrlichen Unterhalt Zeit ihres Lebens begehrt, und ihn seines Gelübdes entlassen.

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Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/287&oldid=- (Version vom 1.8.2018)