Seite:Luebische Geschichten und Sagen.djvu/63

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heimkäme. „Ach mein lieber Mann, spricht sie, ich bin bei meinem Mödderken gewesen; ach Gott, welch große Noth war da vorhanden“ u. s. w. Als die lügenhafte Erzählung zu Ende, bewillkommt sie der Schiffer freundlich und will sie in seinen Arm nehmen; unversehens aber stößt er der keuschen Frauen die Haube herunter und wird dadurch gewahr, daß ihre Haare allerdinge abgeschnitten sind und ihr die Mönchenplatte geschoren ist. Da werden ihm die Augen leider weit; sie aber kommt Furcht und Zittern mit großem Schrecken an, daß sie gänzlich verstummt und nicht reden mag, was sie auch gefragt wird. Der Mann endlich springt zum Bett hinaus, ergreift das Handbeil von der Wand und thut, als woll er ihr den Kopf weghau’n. Da fällt sie vor ihm auf die Knie und bittet um Gnade; sie wolle ihm alles erzählen. Und spricht also: daß sie von den und den Schifferinnen zur Untreu beredet; diese hätten den Handel schon lange Zeit getrieben; sie aber sei erstlich auf dieser seiner Reise dazu gebracht und genöthigt, da die andern Weiber gedroht, sie zu Schanden zu machen und in Krankheit zu verderben. Da nun der Schiffer alles vernommen, wie viel der Schifferweiber insonderheit schuldig gewesen, ohn’ unzählig viel andere, spricht er zu ihr: er wolle ihr alles verzeihen, wofern sie ihm zweierlei bei ihrer Seelen Seligkeit angelobe: erstens, daß sie nach diesem Tage ehrlich leben; und zweitens, daß sie keiner Frauen- noch Mannsperson von

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Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/63&oldid=- (Version vom 1.8.2018)