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Schießtüchtigkeit ihrer Infanterie zu verdanken, die den Feind kaltblütig aufs Korn nimmt, wenn er auf wirksame Schußweite herangekommen ist.

Was die Leute bei diesem Wetter in den Schützengräben auszuhalten haben, ist unbeschreiblich. Ohne die vorzügliche Verpflegung wären die Abgänge ungeheuer. An einigen Orten stehen die Schützen zuweilen bis über die Knie im Schlamm und Wasser, das sich in dem undurchlässigen Lehmboden der Woevre überall ansammelt. Abzuggräben helfen nicht immer. Ein Abzuggraben, mittels dessen ein langer Schützengraben entwässert worden war, wurde durch einen einzigen Granatschuß verstopft, und sofort stieg das Grundwasser wieder bis an die Knie der Leute.

Mit welcher Manneszucht und Ausdauer diese solche Unbilden ertragen, das gehört auch zum Heldenmut der Kriegsgeschichte. Und dabei regnet der Regen jeglichen Tag, und heute nachmittag durchzuckte sogar ein Blitz, gefolgt von einem Donnerschlag, die schwüle Atmosphäre. Als Trost dient den Leuten einigermaßen das Bewußtsein, daß die da drüben es auch nicht besser haben.

Dem mißglückten Vorstoß vom 12. Dezember folgte am 14. Dezember ein zweiter, der aber keine Kraft mehr hatte und gleich in der Einleitung zusammenbrach. Die Infanterie war nach dem ersten Anlauf nicht mehr weiter vorzubringen. Seit gestern lassen es die Franzosen bei einer fortgesetzten Kanonade bewenden, die

Empfohlene Zitierweise:
Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/143&oldid=- (Version vom 1.8.2018)