Aufhebung des Schachers, der bürgerlichen Produktions-Verhältnisse und der Bourgeoisie selbst.
Ihr entsetzt Euch darüber, daß wir das Privateigenthum aufheben wollen. Aber in Eurer bestehenden Gesellschaft ist das Privateigenthum für 9 Zehntel ihrer Mitglieder aufgehoben; es existirt gerade dadurch, daß es für 9 Zehntel nicht existirt. Ihr werft uns also vor, daß wir ein Eigenthum aufheben wollen, welches die Eigenthumslosigkeit der ungeheuren Mehrzahl der Gesellschaft als nothwendige Bedingung voraussetzt.
Ihr werft uns mit einem Wort vor, daß wir Euer Eigenthum aufheben wollen. Allerdings das wollen wir.
Von dem Augenblick an, wo die Arbeit nicht mehr in Kapital, Geld, Grundrente, kurz, in eine monopolisirbare gesellschaftliche Macht verwandelt werden kann, d. h. von dem Augenblick, wo das persönliche Eigenthum nicht mehr in bürgerliches umschlagen kann, von dem Augenblick an erklärt Ihr die Person sei aufgehoben.
Ihr gesteht also, daß Ihr unter der Person Niemanden anders versteht, als den Bourgeois, den bürgerlichen Eigenthümer. Und diese Person soll allerdings aufgehoben werden.
Der Kommunismus nimmt keinem die Macht sich gesellschaftliche Produkte anzueignen, er nimmt nur die Macht sich durch diese Aneignung fremde Arbeit zu unterjochen.
Man hat eingewendet, mit der Aufhebung des Privateigenthums werde alle Thätigkeit aufhören und eine allgemeine Faulheit einreißen.
Hiernach müßte die bürgerliche Gesellschaft längst an der Trägheit zu Grunde gegangen sein; denn die in ihr arbeiten, erwerben nicht, und die in ihr erwerben, arbeiten nicht. Das ganze Bedenken läuft auf die Tautologie hinaus, daß es keine Lohnarbeit mehr gibt, sobald es kein Kapital mehr gibt.
Alle Einwürfe die gegen die kommunistische Aneignungs- und Produktionsweise der materiellen Produkte gerichtet werden, sind eben so auf die Aneignung und Produktion der geistigen Produkte ausgedehnt worden. Wie für den Bourgeois das Aufhören des Klasseneigenthums das Aufhören der Produktion selbst ist, so ist für ihn das Aufhören der Klassenbildung identisch mit dem Aufhören der Bildung überhaupt.
Die Bildung, deren Verlust er bedauert, ist für die enorme Mehrzahl die Heranbildung zur Maschine.
Aber streitet nicht mit uns, indem Ihr an Euren bürgerlichen Vorstellungen von Freiheit, Bildung, Recht u. s. w. die Abschaffung des bürgerlichen Eigenthums meßt. Eure Ideen selbst sind Erzeugnisse der bürgerlichen Produktions- und Eigenthums-Verhältnisse, wie Euer Recht nur der zum Gesetz erhobene Wille Eurer Klasse ist, ein Wille, dessen Inhalt gegeben ist in den materiellen Lebensbedingungen Eurer Klasse.
Die interessirte Vorstellung, worin Ihr Eure Produktions- und Eigenthums-Verhältnisse aus geschichtlichen, in dem Lauf der Produktion vorübergehenden Verhältnissen in ewige Natur und Vernunftgesetze verwandelt, theilt Ihr mit allen untergegangenen herrschenden Klassen. Was ihr für das antike Eigenthum begreift, was Ihr für das feudale Eigenthum begreift, dürft Ihr nicht mehr begreifen für das bürgerliche Eigenthum.
Aufhebung der Familie! Selbst die Radikalsten ereifern sich über diese schändliche Absicht der Kommunisten.
Worauf beruht die gegenwärtige, die bürgerliche Familie? Auf dem Kapital, auf dem Privaterwerb. Vollständig entwickelt existirt sie nur für die Bourgeoisie; aber sie findet ihre Ergänzung in der erzwungenen Familienlosigkeit der Proletarier und der öffentlichen Prostitution.
Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei. London: Office der „Bildungs-Gesellschaft für Arbeiter“, 1848, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Manifest_der_kom_Partei_1848-1.djvu/013&oldid=- (Version vom 1.8.2018)