literarische Kampf blieb ihr übrig. Aber auch auf dem Gebiete der Literatur waren die alten Redensarten der Restaurationszeit unmöglich geworden. Um Sympathie zu erregen, mußte die Aristokratie scheinbar ihre Interessen aus den Augen verlieren und nur noch im Interesse der exploitirten Arbeiterklasse ihren Anklageakt gegen die Bourgeoisie formuliren. Sie bereitete sich so die Genugthuung vor, Schmählieder auf ihren neuen Herrscher singen und mehr oder minder unheilschwangere Prophezeihungen ihm in’s Ohr raunen zu dürfen.
Auf diese Art entstand der feudalistische Socialismus, halb Klagelied, halb Pasquill, halb Rückhall der Vergangenheit, halb Dräuen der Zukunft, mitunter die Bourgeoisie in’s Herz treffend durch bittres, geistreich zerreißendes Urtheil, stets komisch wirkend durch gänzliche Unfähigkeit den Gang der modernen Geschichte zu begreifen.
Den proletarischen Bettlersack schwenkten sie als Fahne in der Hand, um das Volk hinter sich her zu versammeln. So oft es ihnen aber folgte, erblickte es auf ihrem Hintern die alten feudalen Wappen und verlief sich mit lautem und unehrerbietigem Gelächter.
Ein Theil der französischen Legitimisten und das junge England gaben dies Schauspiel zum Besten.
Wenn die Feudalen beweisen, daß ihre Weise der Ausbeutung anders gestaltet war als die bürgerliche Ausbeutung, so vergessen sie nur, daß sie unter gänzlich verschiedenen und jetzt überlebten Umständen und Bedingungen ausbeuteten. Wenn sie nachweisen, daß unter ihrer Herrschaft nicht das moderne Proletariat existirt hat, so vergessen sie nur, daß eben die moderne Bourgeoisie ein nothwendiger Sprößling ihrer Gesellschaftsordnung war.
Uebrigens verheimlichen sie den reaktionären Charakter ihrer Kritik so wenig, daß ihre Hauptanklage gegen die Bourgeoisie eben darin besteht, unter ihrem Regime entwickele sich eine Klasse, welche die ganze alte Gesellschaftsordnung in die Luft sprengen werde.
Sie werfen der Bourgeoisie mehr noch vor, daß sie ein revolutionäres Proletariat, als daß sie überhaupt ein Proletariat erzeugt.
In der politischen Praxis nehmen sie daher an allen Gewaltmaßregeln gegen die Arbeiterklasse Theil, und im gewöhnlichen Leben bequemen sie sich, allen ihren aufgeblähten Redensarten zum Trotz, die goldenen Aepfel aufzulesen, und Treue, Liebe, Ehre mit dem Schacher in Schaafswolle, Runkelrüben und Schnapps zu vertauschen.
Wie der Pfaffe immer Hand in Hand ging mit dem Feudalen, so der pfäffische Socialismus mit dem feudalistischen.
Nichts leichter, als dem christlichen Ascetismus einen socialistischen Anstrich zu geben. Hat das Christenthum nicht auch gegen das Privateigenthum, gegen die Ehe, gegen den Staat geeifert? Hat es nicht die Wohlthätigkeit und den Bettel, das Cölibat und die Fleischesertödtung, das Zellenleben und die Kirche an ihre Stelle gepredigt? Der heitige Socialismus ist nur das Weihwasser, womit der Pfaffe den Aerger des Aristokraten einsegnet.
Die feudale Aristokratie ist nicht die einzige Klasse, welche durch die Bourgeoisie gestürzt wurde, deren Lebensbedingungen in der modernen bürgerlichen Gesellschaft verkümmerten und abstarben. Das mittelalterliche Pfahlbürgerthum und der kleine Bauernstand waren die Vorläufer der modernen Bourgeoisie. In den weniger industriell und kommerciell entwickelten Ländern vegetirt diese Klasse noch fort neben der aufkommenden Bourgeoisie.
Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei. London: Office der „Bildungs-Gesellschaft für Arbeiter“, 1848, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Manifest_der_kom_Partei_1848-1.djvu/017&oldid=- (Version vom 21.4.2018)