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oben gewahrte: Edith Gordon, die drei Schritt entfernt von mir stand und … zeichnete.

Nun, diese halb fertige Skizze hat sie nachher vernichten müssen.

Müssen.

Denn Chubur kannte keine Rücksichtnahme. Chubur kam herbeigehetzt wie ein Irrer, das Gesicht verzerrt, in den flackernden Augen noch den Mordrausch – jetzt ganz Sohn jener wilden Araukaner, denen Coys Großvater einst König gewesen.

Aber Chuburs Augen wechselten rasch den Ausdruck, als er nun dem Stammesgenossen in das fahle, von Todesahnen bereits beschattete Antlitz blickte.

Diese rauhen, harten Männer dort von der Gallegos-Bucht, die mir Freunde geworden und die mir den Glauben an das Gute im schlichten Menschen wiederschenkten, verstehen es nicht, ihre primitiven Empfindungen zu meistern. Chubur, der Melancholiker, nahm mir mit schmerzzerwühlter Miene den Todwunden ab und sagte leise:

„Mister, wir ihn müssen bringen sofort hinab in die warmen Täler …“

Keiner Mutter angstvolle Sorge um ein krankes Kind könnte im Ton der Stimme klarer hervortreten als hier dieses wilden ungebildeten Indianers tiefes, ehrliches Kameradschaftsgefühl für meinen Coy. Und noch ein anderes war darin, etwas wie Respekt vor einem, den er insgeheim längst als hoch über sich stehend anerkannt hatte. Coy war ja in der Tat in der kleinen Niederlassung an der zerklüfteten Bucht ein ungekrönter König, der in aller Stille und ganz unmerklich die Seinen regierte – unmerklich und doch von mir längst

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Max Schraut: Mein Freund Coy. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1929, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mein_Freund_Coy.pdf/171&oldid=- (Version vom 1.8.2018)