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Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben
1. Theil

Bein, welches mich ab und zu so sehr geschmerzt hatte, nicht ohne eine innere Angst ansehen, deren ich nicht Herr werden konnte. Ich wollte die gute Laune meines Begleiters nicht stören und verbiß daher die Klagen, die ich zu einer andern Zeit wol hätte laut werden lassen, indem ich mich auf unser fürstliches Mahl durch ein Bad im Strome vorbereitete, rief ich ihm zu, das Frühstück zu bereiten. Nach dem Bade verschlangen wir jeder unsern Bissen oder besser, wir ließen ihn durch eine eigenthümliche langsame Art von Saugen verschwinden und eröffneten dann Verhandlungen über die zunächst einzuschlagenden Schritte.

„Was ist nun zu thun?“ fragte ich ziemlich verstimmt.

„In dasselbe Thal hinabzusteigen, welches wir gestern sahen,“ rief Tobias mit einer Kraft des Ausdrucks und der Stimme, daß man hätte glauben sollen, er habe heimlich im Dickicht einen halben Ochsen verzehrt. „Was bleibt uns denn wol Andres zu thun übrig? Hier verhungern wir Beide, das ist ’mal gewiß, und mit Deiner Furcht vor den Typies ist’s doch blos Unsinn, verlaß Dich d’rauf. Es ist unmöglich, daß die Bewohner eines so lieblichen Ortes, wie wir ihn gestern sahen, etwas Anderes als gute Kerls sein können, und wenn Du den Hungertod in diesen feuchten Höhlen vorziehst, so stimme ich wenigstens für ein kühnes Hinabsteigen in das Thal und will die Gefahr laufen.“

Empfohlene Zitierweise:
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 1. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_1.djvu/118&oldid=- (Version vom 1.8.2018)