Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 1. Theil | |
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daß darüber kein Zweifel mehr herrschte und daß wir nun, ohne die geringste Hoffnung zur Flucht, in eben der Lage waren, deren bloße Erwähnung mich noch vor wenigen Tagen mit Schauder erfüllt hatte. Welch schreckliches Loos konnte unsrer hier harren? Bis jetzt waren wir zwar nicht gewalthätig, vielmehr freundlich und gastfrei behandelt worden. Aber wer kann der wankelmüthigen Leidenschaft vertrauen, die die Brust des Wilden beherrscht? Seine Unbeständigkeit und Falschheit sind sprüchwörtlich. Wäre es nicht möglich, daß unser freundlicher Empfang nur eine Maske verrätherischer Absichten sei, und daß er nur der Vorläufer irgend eines schrecklichen Schicksals wäre? Wie lebhaft drängten sich diese Vorgefühle mir auf, als ich auf meinem Mattenlager ruhelos da lag, zwischen den kaum erkenntlichen Gestalten der Leute, die ich so sehr fürchtete.
Aus der Aufregung dieser schwarzen Gedanken versank ich gegen Morgen in einen unruhigen Schlummer. Ich träumte wild und als ich aus einem erschütternden Traum erwachte und um mich blickte, sah ich die neugierigen Gesichter vieler Eingebornen über mich gebeugt.
Es war heller Tag; das Haus war fast ganz angefüllt von jungen Weibern, die mit Blumen phantastisch geschmückt waren und mich, als ich mich erhob, halb mit kindischer Freude, halb mit der lebhaftesten Neugierde ansahen. Nachdem sie Tobias geweckt hatten, setzten sie sich auf die Matten
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 1. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_1.djvu/158&oldid=- (Version vom 1.8.2018)