Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 1. Theil | |
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stark und proportionirt gebaut, hatte aber ein Gesicht, das wirklich einen merkwürdigen Anblick darbot. Sein Kopf war sorgfältig rasirt, mit Ausnahme von zwei runden Flecken, von der Größe eines Thalers, nahe am Scheitel, wo das Haar, welches bis zu einer überraschenden Länge gewachsen und in zwei große emporstehende Knoten geflochten war, die ihm das Ansehen gaben, als habe ihn die Natur mit Hörnern ausgestattet. Sein Bart, der an jedem andern Theil des Gesichts mit der Wurzel ausgerupft war, hing in vier langen Büscheln, deren zwei auf der Oberlippe und zwei am Kinn saßen, weit über die Brust herab.
Kory-Kory hatte in der Absicht, das Werk der Natur zu verbessern, und vielleicht um die Reize seiner Gesichtszüge zu erhöhen, für gut befunden, sein Gesicht mit drei breiten tättowirten Streifen zu versehen, welche wie Landstraßen, die trotz aller Hindernisse immer gerade fortgehen, über seine Nase stiegen, in seine Augenhöhlen sich senkten, und selbst den Rand seines Mundes berührten. Jeder derselben umspannte sein ganzes Gesicht; der eine lief gerade über die Augen, der zweite über die Nase und der dritte quer über seine Lippen von einem Ohr zum andern. Seine auf diese Weise mit dreifachen Reifen umgebene Physiognomie erinnerte mich immer an die unglücklichen Geschöpfe, die ich zuweilen traurig durch das Gitterfenster eines Gefängnisses habe blicken sehen, während der ganze Körper meines wilden
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 1. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_1.djvu/171&oldid=- (Version vom 1.8.2018)