Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 1. Theil | |
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Gelegenheiten die charakteristischen Merkmale dieser besondern Lebensperiode.
Ich entsinne mich, daß er ein Paar sehr schöner Ohrenverzierungen hatte, die aus den Zähnen irgend eines Seeungeheuers gemacht waren. Diese pflegte er wol funfzig mal am Tage einzustecken und abzunehmen, indem er jedesmal mit allergrößter Ruhe von seinem Hüttchen kam und wieder hinging. Zuweilen ergriff er, wenn er sie eingesteckt hatte, seinen langen dünnen Spieß, der einer Fischruthe glich, und irrte in dem nahen Wäldchen umher, als wolle er irgend einem kannibalischen Ritter ein Treffen liefern. Er kehrte aber bald wieder zurück, wickelte seine Riesenberlocken in ein Stück Tappa, verbarg seinen Spieß unter der Dachrinne des Hauses und kehrte so ruhig zu seiner friedlichen Beschäftigung zurück, als habe er sie gar nicht unterbrochen.
Aber trotz dieser närrischen Eigenheiten war Marheyo ein guter warmfühlender Kerl und glich hierin sehr seinem Sohn Kory-Kory. Die Mutter des Letztern war die Herrin der Familie, eine tüchtige Hausfrau und ein sehr fleißiges altes Weib. Verstand sie auch nicht Eingemachtes, Crèmes, Torten und dergleichen Erbärmlichkeiten zu machen, so hatte sie dagegen tiefe Einsicht in die Geheimnisse der Bereitung von „Amar“, „Poee-Poee“, „Kokoo“ und vieler andern handfesten Gerichte. Sie war eine wahre Ameise; sie rannte im Hause umher, wie die Wirthin einer
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 1. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_1.djvu/173&oldid=- (Version vom 1.8.2018)