Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 1. Theil | |
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diesen Beiden! In dem Einen zeigt sich die Frucht Jahrhunderte lang fortschreitender Civilisation und Bildung, welche nach und nach aus dem bloßen Geschöpf ein dem Höchsten und Erhabensten ähnliches Wesen gemacht haben, während der Andere in demselben Zeitraume noch nicht einen Schritt auf der Bahn des Fortschritts gethan hat. „Und dennoch,“ sagte ich zu mir selbst, „frei von tausend ihm unbekannten Bedürfnissen und fern von erschlaffenden Sorgen, wie er ist, sollte nicht am Ende doch der Wilde der Glücklichere von Beiden sein?“ Solche Gedanken beschäftigten mich, als ich das außergewöhnliche Schauspiel vor mir betrachtete. Es war ein sehr merkwürdiges und wird nicht leicht dem Gedächtniß entschwinden. Noch jetzt sehe ich im Geiste die Gesichtszüge jedes Einzelnen. Der schattige Platz, wo die Zusammenkunft stattfand – die herrliche tropische Vegetation umher – die malerischen Gruppen der Soldaten und Eingebornen durcheinander und selbst das goldige Bündel Bananen, die ich in der Hand hielt und von denen ich dann und wann aß, während ich obige philosophischen Betrachtungen machte – Alles steht so klar vor mir, als habe es sich erst gestern begeben.
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 1. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_1.djvu/66&oldid=- (Version vom 1.8.2018)