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Seite:Meyers Universum 1. Band 1. Auflage 1833.djvu/140

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der Halbmond endlich auf ihren Zinnen, auf den Tempeln der Römer und auf den Kirchen der Christen, – das Zeichen des gegenwärtigen Herrschervolks, – auch er ist ein bleiches, untergehendes Gestirn am Horizonte der Menschheit, und bald wird es verschwinden! – – –

ByzantiumConstantinsstadtIstambol – vor deines Namens Dreieinigkeit senkt der Denker den Blick in die Tiefe der Nacht, in welcher der verhüllte Diener des Weltgeistes die Loose der Völker und Menschen aus der dunkeln Urne der Ewigkeit greift, und deutlich erkennt er die Hand der langmüthigen aber furchtbar rächenden Gottheit mit dem strafenden Blitze, wie sie den Zufall lenkt, gerecht zu richten nach dem ewigen Gesetze der Wiedervergeltung die Thaten der Völker und die Thaten der Fürsten.




XXX. Clumm in Tyrol.




Der Rheingau hat wohl seine Sänger in allen Zungen gefunden. Gelehrte Reisende aller Nationen hatten es gemächlich genug, auf ihrem Fahrzeug die herrliche Landschaft abzureißen, sie an ihrem Pulte, mit Hülfe der tausend Beschreibungen ihrer Vorgänger, auf eigene Weise vollends auszumalen und dann einzustimmen in den universellen Chorus zum Ruhm und Preis des Feenlandes am Rheinstrom. So ist es denn gekommen, daß der gebildete Russe wie der Nordamerikaner, der edle Ungar wie der Engländer, die Topographie unsers Rheinthals von Mainz bis Koblenz oft besser kennt, als die der Umgebungen seiner Vaterstadt; aber um so Wenigere wissen, daß andere Gegenden Deutschlands noch manche unbekannte Welt von Schönheiten verbergen, die den in jenem allberühmten Thale nicht nachstehen. Alles was am Rhein entzückt, findet man fast eben so schön an der böhmisch-sächsischen Elbe und an der österreichischen Donau; schöner in einigen Thälern Tyrols, Krains und Steyermark’s; unerreicht in dem Thale des Inn, oberhalb und unterhalb Innsbruck. Die großartigste Berg- und die lieblichste Thalnatur in immerwährender wechselnder Mannichfaltigkeit der Formen, von einem den Rhein an Größe zwar nicht erreichenden, aber doch immer majestätischen Strom belebt, Klöster und Ritterburgen, heitere Fernsichten, urplötzlich auf das Dunkel der Schluchten folgend, nichts auf der Rheinreise Erfreuendes fehlt, und Manches findet man hier, was man auf jener vergeblich suchen