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Seite:Meyers Universum 1. Band 1. Auflage 1833.djvu/183

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bessern Händen für seine Völker bleibender Segen gewesen wäre, in Fluch. Mit den Schätzen der Welt, die er ausschließlich ausbeutete, bezahlte er den Wütherich Alba und ein Heer von Henkern, das er sandte, um das aufgeklärteste, gewerbfleißigste, würdigste seiner Völker, die Niederländer, abzuschlachten, oder er vergeudete sie an ungeheuere, geschmack- und nutzlose Prachtbauten, an Klöster und geistliche Stiftungen, oder an abenteuerliche, kriegerische Unternehmungen gegen fremde Völker, für die er den Spott, den Haß und die Verachtung der Welt erndtete. Er, der alle Mittel in Händen hatte, Spaniens Größe und Glück auf Jahrhunderte zu befestigen, legte den Grund zu seinem Verfall. Die gegen die Niederländer verübten Grausamkeiten (nur die neueste Geschichte liefert ein Beispiel ähnlicher Volksquälerei), reizten jene zum Aufstande, der, nach 50jährigem Kampfe, für die Sache der Gewissensfreiheit und der Menschenrechte auf das glorreichste endigte. – Für Spanien waren die Niederlande für immer verloren, und der spanische Handel mit den Kolonieen, der dort hauptsächlich, vorzüglich in Antwerpen, seinen Sitz gehabt hatte, zog sich nun nothwendig von dort weg und in das Mutterland zurück. – Von dieser Zeit an war Cadix, das schon früher Antheil an demselben gehabt und große Reichthumer erworben hatte, für Amerika das, was ihm Antwerpen früher gewesen war; und als durch spätere Verfügungen der spanischen Machthaber, und nachdem auch Portugal das spanische Joch abgeschüttelt hatte, der Verkehr mit Amerika auf Cadix ausschließlich beschränkt wurde, wurde es der Punkt, in dem über ein Jahrhundert lang alle Schätze der Neuen Welt und alle europäischen Tauschgüter gegen dieselbe zusammenströmten. Der höchste Flor von Cadix fällt in die erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. Damals hatte der Ort 180,000 Einwohner, sein Kapitalumsatz übertraf den von Venedig in seiner glänzendsten Epoche, sein Hafen wurde jährlich von 2800 Schiffen besucht. – Doch die alberne und schlechte Politik der spanischen Regierung, welche für den Handel mit den Kolonieen immer härtere und neue Fesseln ersann, und die, in der Absicht, die keimende Kraft derselben durch allgemeine Verarmung niederzuhalten, Einfuhr wie Ausfuhr mit den ungeheuersten Zöllen und Auflagen beschwerte, machte, daß sich die Handelsgröße von Cadix nicht lange auf dieser Höhe behaupten konnte. Die Amerikaner fingen an, sich nicht mehr ausschließlich aus dem Mutterlande zu versorgen; es entspann sich ein ausgedehnter, gesetzwidriger Verkehr zwischen ihnen und den Engländern, Holländern und Franzosen, deren Kolonieen in Westindien nun eben so viel Niederlagen und Märkten von Ein- und Ausfuhrwaaren für das spanische Amerika abgaben. Solcher Schmuggelhandel wurde, da an eine wirksame Bewachung der spanisch-amerikanischen Küste, ihrer ungeheuern Ausdehnung wegen und bei dem immer zunehmenden Verfall der spanischen Seemacht, nicht zu denken war, mit beispielloser Dreistigkeit und in solcher Größe betrieben, daß er in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts mehr betrug, als der gesetzliche Verkehr mit dem Mutterlande selbst. Obschon von Jahr zu Jahr das Geschäft von Cadix mit Amerika aus eben erwähnter Ursache und in dem Maße sank, als die Ohnmacht Spaniens in den Kolonieen sich steigerte, und ihm die Mittel, seine harten und albernen