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Seite:Meyers Universum 3. Band 1836.djvu/134

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den kostbaren mit Marmor ausgelegten Fußböden, erscheinen die Meisterwerke der antiken Plastik nur um so bedeutender. Die Aufstellung, nach den historischen Entwickelungsperioden der Kunst, ist musterhaft geordnet, und kein Stück in dieser, nur von der des Vatikans übertroffenen Sammlung ist von untergeordnetem, oder mittelmäßigem Kunstwerth. Vieles, was früher zu den ersten Zierden des Louvre gehörte, was in Rom in Pallästen und Villen glänzte, die herrlichen Werke, welche in den Tempelruinen Aegina’s und andern Orten Griechenland’s aufgefunden wurden, sind hier vereinigt, und alle andern Museen Deutschlands werden an Reichthum von diesem einzigen überstrahlt. Als Sterne erster Größe glänzen: der berühmte Antinous, der Apollo Citheroidus, der schlafende Faun, der Torso des Niobiden. Ein Saal ist einzig den Werken der größten Meister unserer Zeit – Thorwaldsen’s, Canova’s, Schadow’s, Rauch’s, Schwanthaler’s geweiht. Aber auch die Kunst der Malerei hat die Glyptothek verherrlicht und hier Schöpfungen hervorgerufen, mit denen sie gleichsam eine neue Aera begann. Wir meinen die Fresken des großen Meisters Cornelius, mit welchen die beiden mittlern, oder die Festsäle, und die zu Versammlungen, oder zum Ausruhen bestimmten Räume, geschmückt sind. Dem Meister ward vom Könige die Aufgabe, in diesen Hallen die griechische Götter- und Heldensage in einer cyklischen Folge von Gemälden darzustellen, und er hat sie auf die genialste Weise gelöst. Aus dem Hesiodischen Mythenkreise wählte er die Gegenstände für die Malereien des einen, des sogenannten Göttersaals; die Homerische Heldensage gab den Stoff zu den Fresken des andern. Die Betrachtung dieser Gemälde reißt selbst das von dem Anschauen der herrlichen Antikensammlung gesättigte Auge zur Bewunderung hin, und gibt dem rohesten Menschen eine heilige Ahnung von dem Anbruche einer Kunstepoche, welche vielleicht einst alle früheren verdunkeln mag. Namentlich ist’s das Gemälde der Zerstörung von Troja, was mit der tragischen Gewalt eines Aschylus oder Shakspeare die Seele des Betrachtenden erfaßt.

Jener stattliche, auf unserm Bilde schwächer beleuchtete Palast, nahe am eben beschriebenen Tempel der Plastik, ist die Pinakothek. Sie ward erst in diesem Jahre vollendet, und ist bestimmt, das Herrlichste des großen Bilderschatzes zu empfangen, der bisher in den Gallerien von München, Schleisheim, Lusthain und andern königlichen Wohnungen zerstreut war. Aus den vorhandenen 9000 Bildern sind die 1600 auserlesensten hier aufgestellt, und sie bilden, nach der des Vatikans, die merkwürdigste und kostbarste Gemäldesammlung der Welt. Die Geschichte der Malerei ist nirgends umfassender, glänzender und vollständiger dokumentirt als hier. Eine in’s Einzelne gehende Beschreibung würde uns zu weit führen; es möge nur erwähnt seyn, daß sich die größten Meister der alt- ober- und niederdeutschen Schule (die berühmte Boisseree’sche Sammlung ist ebenfalls hier) so wie Rubens, Rembrandt, und andere Niederländer, nirgends besser in allen Nüancen ihres Genius studieren lassen.

Auch die Pinakothek, deren innere Verzierung der Vorwurf allzugroßer und unangemessener Pracht nicht unverdient trifft, schmückt die Freskomalerei in einem längst der Südfronte hinlaufenden Corridor, (einer Loggia) der