Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band | |
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eine der ältesten in Deutschland (seit 1816 aufgehoben), wurde schon 1378 gegründet und reich fundirt. Damals war die große Zeit Erfurt’s.
Sie schwand. 1472 legte ein furchtbarer Brand, durch Pfaffenbosheit angestiftet, die Hälfte der Stadt in Asche und vernichtete eine unermeßliche Menge an Gütern und Werth aller Art. Viele Kaufleute zogen fort nach andern Orten, und Erfurt’s Handelsverbindungen nahmen sie mit sich. Schlag auf Schlag folgten diesem ersten Unglück andere. Die gänzliche Umkehr im 16. Jahrhundert des Welthandels, die Auflösung der Hansa, die veränderte Lage des Reichs isolirten Erfurt und zerschnitten die Fäden seines Reichthums. Schlechte Wirthschaft im städtischen Haushalte führte zum Haß und blutigen Aufruhr der Bürger gegen den patrizischen Magistrat; die Reformation endlich, der die Hälfte der Bürger anhing, schürte das Feuer der innern Zwietracht in’s Unendliche fort. Selten sah Erfurt nach langjährigem innerem Hader und Zwist kurze Perioden der Ruhe und des Friedens. Wer beides liebte, wanderte aus; viele reiche Erfurter ließen sich in Frankfurt nieder, andere in Braunschweig und eine Menge in Leipzig; andere zogen mit ihren Gewerben in die benachbarten thüring’schen Städte. Ehe der Donner des dreißigjährigen Kriegs über die Stadt hinrollte mit seinen Hagelwettern, da war die Einwohnerzahl Erfurt’s schon auf 40,000 gesunken. Des langen Kriegs schwere Zeit lag hart auf Thüringen’s Hauptstadt. Bald sah es die Schweden mit Gustav Adolph, bald Tilly, bald Banner in seinen Mauern; alle forderten Opfer, alle verwüsteten und verheerten, drangsalten und trieben Brandschatzungen ein, und als der Religionsfriede dem Kriege ein Ende machte, war Erfurt, sagt der Chronist, „wie eine Laterne, ohne Licht und mit zerbrochenen Scheiben.“ Pest, Brand, Hungersnoth folgten, und ließen kein Wiederaufkommen zu. Von seiner ehemaligen Handelswichtigkeit blieb auch nicht eine Spur zurück, und die wenigen Fabrikgewerbe, welche sich erhielten, wollten nur selten recht gedeihen. Bis 1813 war die Einwohnerzahl auf 13,000 herabgekommen. Ein Drittel fast der 3000 Häuser stand leer. – Wie eine schlechte abgegriffene Münze, die Niemand behalten mag, ging zu jener Zeit Erfurt und sein Gebiet aus einer Fürstenhand in die andere, und jeder neue Besitzer suchte der Stadt und dem Ländchen den Ueberrest an Lebenssaft auszudrücken. –
Als 1807 Napoleon seine Heeresfluth gegen Preußen wälzte, wurde Erfurt seine Erstlingsbeute von Friedrichs des Großen Reich. Er erkohr Erfurt zum Waffenplatz, zur Zwingburg für Deutschland, und machte es zur „guten Stadt des Reichs.“ Sein Plan, das Frankenreich Carls des Großen, aber in gallischer Zunge, aufzurichten, war der Welt kein Geheimniß mehr. In seinem Erfurt schaarte ein Wink des Gewaltigen, 1808, Deutschlands Könige und Fürsten um sich her, damit er seinem kaiserlichen Gast zeige, zu welcher Erniedrigung man sich verstehe, und wie reich Deutschland an Knechtschaft sey. Und als Gott dem Titan in Rußlands Steppen die Kraft genommen, und die zur Vergeltung aufgestandenen Völker von Auf- und Niedergang in den Ebenen Leipzigs zerstampft
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1840, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_7._Band_1840.djvu/158&oldid=- (Version vom 9.11.2024)