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Seite:Meyers Universum 7. Band 1840.djvu/73

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Götzen von den Bergen nieder, und an ihrer Stelle christliche Kapellen und Klöster empor. Zur Förderung des Bekehrungswerkes berief Bonifazius Mönche und Lehrer aus England; der Papst überschickte 722 ihm das Pallium als Erzbischof, ernannte ihn zum Primas von ganz Deutschland und gab ihm Vollmacht, überall, wo er es zweckmäßig glaube, Bisthümer einzurichten und Bischöfe einzusetzen. Bonifazius gründete hierauf 4 Bisthümer: für Thüringen Erfurt; für Hessen und Westphalen Barnburg (Paderborn); für Franken Würzburg; für die Pfalz Eichstädt. Nach Carl Martell’s Tode weihte er Pipin zum König der Franken, und der Pabst rief ihn auf den erzbischöflichen Stuhl von Mainz. Aber sein liebster Aufenthalt blieb immer Fulda, wo er die so berühmt gewordene, nachmals gefürstete Abtei da gründete, wo er die erste christliche Kirche im Kattenlande gebaut hatte. Nach der Weise der Apostel Jesu machte Bonifazius jährlich große Rundreisen, um sich selbst vom Zustande jeder Diözese zu überzeugen, die Geistlichen in Provinzialsynoden zu versammeln, mit ihnen Rath zu pflegen und sie für die rechte Ausübung ihres Berufs zu begeistern. Achtmal vereinigte er die gesammte höhere Geistlichkeit Deutschlands in feierlicher Kirchenversammlung. Schon stand Bonifazius im Spätabend des Lebens; die Jahre hatten seine Locken gebleicht; die goldene Ernte seiner Lebensaussaat sah er prangen von einem Ende Deutschlands zum andern; er war sehr glücklich; – nur Eins bekümmerte ihn, immer wiesen die wilden Friesen das Evangelium zurück und beharrten in der Verehrung ihrer Götzen. Vergeblich hatte er zu verschiedenen Malen ihnen Lehrer zugesendet; keiner kehrte wieder. Da schien es dem edeln Greise, als wäre sein Werk nicht ganz vollbracht, und entschlossen tauschte er, nachdem er Verweser seines Amtes eingesetzt, den Erzbischofsstab mit dem Wanderstab und pilgerte nach Friesland, Christus dort selbst zu verkündigen. Schon hatte seine unbezwingliche Beredtsamkeit viele Tausende bekehrt. Von Ort zu Ort verpflanzte er das Kreuz; bald sah er sich dem Ziele seines Strebens nahe, als er das seiner irdischen Wanderung erreichte. Bei Dockum, unweit Leuwarden, wurde (755) Bonifazius von einem Haufen heidnischer Friesen überfallen und sammt allen seinen Begleitern erschlagen.

Aber kaum ward die That ruchbar, so strömten die bekehrten Friesen herbei, bemächtigten sich der Leiche und führten sie feierlich nach Utrecht. Hier wurde sie eingesargt, und Priester trugen von da die irdische Hülle des großen Apostels von Station zu Station bis nach Fulda, wo man sie in der Stiftskirche, im Grabgewölbe (der Krypta), beisetzte. Bonifazius hatte dasselbe sich selbst zur Ruhestätte erbaut und oft geäußert, sterbe er wo anders, möchte er doch hier begraben seyn. Noch heute ruht seine Asche da, heilig geachtet und unangetastet von den Stürmen 11 langer Jahrhunderte.

Die Fuldaer Stiftskirche, welche Bonifazius baute, und an der die Krypta das letzte Ueberbleibsel ist, brannte 927 aus, wurde dann bei weitem herrlicher und größer wieder aufgebaut und 980 als Dom geweiht. 1393 legte auch diesen eine Brunst in Asche. Im fünfzehnten Jahrhunderte im schönsten gothischen Styl wieder hergestellt, traf ihn, wie so manchen andern Prachtbau der Vorzeit, zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts das Schicksal, den damaligen

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1840, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_7._Band_1840.djvu/73&oldid=- (Version vom 26.10.2024)