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Seite:Meyers Universum 8. Band 1841.djvu/52

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Ilias über gedankenloses Geschwätz. Die Kosten betrugen (was unglaublich scheint) nur 748,000 Pfund Sterling (etwa 9 Millionen Gulden), und die Revision der Baurechnung gab der Redlichkeit und Sparsamkeit des Baumeisters das glänzendste Zeugniß. Dennoch wurde Wren mit Undank belohnt. Er sah sich durch Neid, Unwissenheit und Cabale genöthigt, sich in’s Dunkel zurück zu ziehen, wohin ihn Lästerung und Schmähung folgten. Erst nach seinem Tode fanden seine Verdienste und Tugenden Anerkennung. Man begrub ihn in St. Paul’s tiefster Gruft, damit sich der herrliche Tempel gleichsam wie ein Mausoleum, das er selbst gebaut, über seine Asche wölbe, und schrieb auf seinen Grabstein: – „Dieser Kirche und dieser Stadt Erbauer ruhet hier. Nicht sich, dem Gemeinwohl hat er über neunzig Jahre gelebt. Suchst du sein Denkmal? – schaue umher!“ –

Die Grundfläche von St. Paul bildet ein lateinisches Kreuz, und ihre Dimensionen geben denen der Peterskirche in Rom nur wenig nach. Der Queerarm ist zwischen den äußern Mauern 252 rheinische Fuß lang; der Langarm 520 Fuß und die Grundmauern sind 40 Fuß tief in die Erbe gesenkt. Der innere Raum ist durch zwei, fast 100 Fuß hohe, Pfeilerreihen in 3 Schiffe geschieden. Die Stärke dieser Pfeiler ist 10 Fuß; die der Seitenmauern nicht weniger als 15. Die gewölbte Haube (der große Dom) erhebt sich von der Kirchenflur 216, bis zur Laterne 280 Fuß empor. Die Gesammthöhe der Kirche vom Straßenpflaster bis zur Kreuzesspitze beträgt 372 Fuß. Aber unter diesem Bau über der Erde wölbt sich ein zweiter, unterirdischer – ein Labyrinth von Räumen, Sälen, Gängen, getragen von Kreuzgewölben, deren Bogen 22 Fuß hoch sind. Diese weiten Hallen sind für die irdischen Reste menschlicher Größe bestimmt und es finden drittehalbtausend Särge Raum. Sie sind bis jetzt fast leer geblieben und erst in einigen sieht man Grabmonumente mit berühmten Namen. Darunter Nelson’s. Der prächtige Sarkophag, der des Helden Gebeine umschließt, ist der nämliche, welchen sich der „große Kardinal“ (Wolsey) in den Tagen seines Glanzes anfertigen ließ. Bekanntlich starb Wolsey nach seinem Sturze vom Gipfel der Macht, als ein Gefangener.

Der über der Mitte des Kreuzes sich erhebende große Dom (nach der Kuppel der Peterskirche die größte in der Welt) hat 100 Fuß Durchmesser, und seine elliptische Form gibt ihm ein gefälliges, edles Ansehen. Auf jeder Seite derselben erhebt sich ein über 100 Fuß hoher Glockenthurm.

Drei noble Portiken zieren die drei Eingänge, und zum größten derselben, auf der Westfronte, führt eine Prachttreppe von 28 Stufen aus schwarzem Marmor. Entstellt wird leider die äußere Ansicht durch ein hohes, häßliches Eisengeländer von 3 Zoll dicken Stäben, das den Tempel ringsum einfaßt und durch die an ihn drängenden Hausermassen, welche von keiner Seite eine Uebersicht des Ganzen zulassen. Den besten Blick auf die obere Hälfte der Cathedrale hat man, an günstigen Tagen, von der andern Seite der Themse, von welcher auch die Aufnahme unsers Bildes geschehen ist.

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Achter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1841, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_8._Band_1841.djvu/52&oldid=- (Version vom 1.12.2024)