Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Neunter Band | |
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Der Anblick von unserm Ankerplatz aus war in der That schön. Zwischen den auf der Rhede zerstreueten, immergrünen Eilanden schimmerten die hin- und herziehenden Segel kommender und gehender Fahrzeuge, ragten unzählige Masten mit den flatternden, bunten Wimpeln und zwischen durch guckten die Kuppeln und Thürme Batavia’s von dem niedrigen, mit der üppigsten Vegetation bedeckten Ufer; den Hintergrund schlossen malerische Höhenzüge und in äußerster Ferne streckten die Hochgebirge Java’s ihre blauen Häupter in die Lüfte. Auf der andern Seite hatten wir den Ausblick in das spiegelnde Meer, das an die überstandenen Mühseligkeiten der Seereise denken ließ, und dem Lande erhöhete Reize verlieh. Das größte der Eilande auf der Rhede ist Pulu Kappäl, oder die Schiffsinsel, mit Magazinen der holländischen Handelsgesellschaft; westlich liegt Pulu Dammar, die Falkeninsel, mit den Trümmern eines Leuchtturms. Pulu Saku, die Krankeninsel, zeigt die Ruine eines ehemaligen Lazareths. Weiter südlich sieht man die Vogelinsel (Pulu Borung) und andere, die von malayischen Fischerfamilien bewohnt sind. Auf der Rhede erkannten wir die Flaggen fast aller Nationen. Die holländische, englische und amerikanische waren zahlreich; die französische und dänische weniger häufig; statt einer deutschen begrüßten wir die Bremer und Hamburger. Norweger und Schweden suchten wir vergeblich, auch die russische fehlte; Portugal, Spanien und das junge Hellas aber hatten ihre Repräsentanten. Zwischen den Europäern ankerten die abenteuerlich geformten, unbehülflichen, chinesischen Dschonken, die arabischen Küstenfahrer, die malayischen Prauen, die leichten, halb für Seeraub, halb für Schmuggel gerüsteten Fahrzeuge der Maldiven, die Handelsbarken des indischen Archipels und der siamesischen Küsten. Ein paar stattliche Dreidecker mit der königlichen Flagge Niederlands ragten über das Gewimmel, wie Zwingburgen über die friedliche Häuserschaar einer Stadt, ernst und gebietend. Zollschiffchen und Schaluppen schossen wie Pfeile hin und her und brachten Leben in die Scene.
Es war Nachmittag, als wir ankerten, und erst am andern Morgen waren die Formalitäten so weit beseitigt, daß wir landen durften. Eine Schaluppe führte uns hinüber. Wir landeten im Boom, dem eigentlichen Hafen Batavia’s, vor dem Kay des großen Zollhauses. Der Hafen war leer: – nur ein paar Schaluppen durchschnitten die stille Fluth, und am Zollhause lagen einige Barken. Der Athem des Todes hatte das Leben hinaus auf die Rhede gescheucht. Jeder weilt hier nur so lange, als es die unausbleibliche Nothwendigkeit erfordert.
Die Stadt selbst, einst als Perle des Orients gepriesen, und stets gefürchtet als das offene Grab der Europäer, lag jetzt vor mir. Doch der Glanz der Perle ist verschwunden und von ihrer ehemaligen Pracht blieben nur Trümmer zurück. Die schimmernden Kuppeln, die Paläste, die da und dort noch emporragen, können aus der Ferne das Zaubergemälde von Ehedem zwar vergegenwärtigen; bei näherer Betrachtung
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Neunter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Philadelphia 1842, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_9._Band_1842.djvu/241&oldid=- (Version vom 6.1.2025)