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mit einem Mal ein jäher Krach, daß das ganze Haus zittert. — Eine russische Bombe! Wir sehen einander an und wissen genug. Dem armen Kadetten N., angegriffen von der Operation, schießen fortwährend die Tränen in die Augen. Es ist nicht leicht, gesund zu werden in einer belagerten Festung.


Przemysl, den 4. Dezember 1914,
     am 27. Tag der 2. Belagerung.

Den nächsten Morgen besichtigen wir das Unheil, das die russischen Bomben angerichtet hatten. Zuerst gingen wir in die Slovackigasse. Hier hat die Bombe in den Hof eines Hauses eingeschlagen, ist ungefähr 50 cm tief in den hartgefrorenen Boden gedrungen und hat einem dort stehenden Pferde beide Vorderbeine gebrochen. Das Blut klebte noch an dem Loch im Boden, das übrigens kleiner war und weniger tief, als ich erwartet hatte. Es soll eine Bombe von 17 kg Gewicht gewesen sein. Ein 18jähriges Mädchen wurde leicht am Arm verletzt, und ein Kind, das im Zimmer spielte, wurde von den zersplitterten Fenstern leicht an der Wange verwundet. An allen Häusern im Umkreis ist kaum ein Fenster ganz geblieben. Hie und da ist sogar der Fensterrahmen herausgerissen. Ebenso in der Potockigasse, wo eine Front von 6—7 zwei Stock hohen Häusern zu beiden Seiten der Straße nicht ein einziges ganz gebliebenes Fenster aufweist. Der Luftdruck war enorm. Glücklicherweise ist hier niemand verletzt worden außer ein paar Offiziersdiener, die leichte Schnittwunden von Glassplittern davontrugen.

In der Dworskigasse geriet ein Haus in Brand. Doch wurde sofort gelöscht, so daß es ganz unversehrt, nur auf der einen Seite rauchgeschwärzt, dasteht.

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/100&oldid=- (Version vom 1.8.2018)