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Lorenz Christoph Mizler (1711–1778): Mizler Musikalische Bibliothek Bd4 1754 |
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von Niemand so leicht erreichet wird. So machten es auch die alten grosen Maler, welche ihre Meisterstücke öffentlich zur Beurtheilung aufsetzten, wie vom Apelles bekannt. So müssen es auch grose Componisten machen, wenn sie auf dem Weg ber Vollkommenheit immer weiter fortschreiten wollen. Da nun bekannt, daß die Redner, Poeten und Maler der alten Griechen und Lateiner so weit in ihren Wissenschaften gekommen, daß zu unsern Zeiten wenig ihnen nahe kommen können, ihre Geschicklichkeit aber dadurch immer gewachsen, daß sie ihre Werke von andern Kennern beurtheilen lassen, und sich derselben Gedanken und Erinnerungen zu Nutzen gemacht, warum sollten denn grose Tonmeister allein diesen Weg der Vollkommenheit verachten? Oder glaubt man daß ein groser Componist nicht so klug als ein großer Redner, Maler oder Post seyn könne? oder soll der Eigensinn und eine verwerfliche Eigenliebe mehr mit der Musik als einer andern Wissenschaft verbunden seyn? Ich will keines von beyden vermuthen, weil ich keine triftige Gründe finden kann, vermöge welcher man dieses behaupten könnte. Es ist vielmehr überhaupt eine eingerissene üble Gewohnheit unserer Zeiten, daß gar oft geschickte iunge Männer, die wissen, daß sie schon ziemlich weit gekommen, sich schämen, durch andere noch vollkommener zu werden. Sie wollen nur ihre eigene Beurtheiler seyn, da sie denn ihre Eigenliebe gar leicht verblendet, und vom Weg der Vollkommenheit abhält. Viele verfallen zu
Lorenz Christoph Mizler (1711–1778): Mizler Musikalische Bibliothek Bd4 1754. Mizlerischer Bücher-Verlag, Leipzig 1754, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mizler_Musikalische_Bibliothek_Bd4_1754.pdf/115&oldid=- (Version vom 7.12.2023)
