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Lorenz Christoph Mizler (1711–1778): Mizler Musikalische Bibliothek Band 4 1754

Aber wahrhaftig, wenn wir uns mit einander vergleichen wollen, so müssen wir die Vorzüge genauer gegen einander ahwägen. Ihr könnt euren Liebhabern den Beyfall abgewinnen, so oft sie Lust haben eure Züge, eure Farben zu betrachten. Aber wir können eben dieses, wenn wir auch kein Instrument anrühren und die Luft in feine zitternde Bewegung bringen. Denn das habe ich vergessen zu sagen, daß wir unsere Gedanken in Schriften so gut, als die Schriftsteller verfassen können. Die Weltweisen haben unter allen Erfindungen der Zeichen von unsern Gedanken auch die mit am meisten bewundern müssen, die man Noten nennet. Denn man kann sie selbst den algebraischen Zeichen an die Seite setzen. So viel Töne wir auch nur in der Natur finden, so viel können wir deutlich vorzeichnen[1] und sie dadurch in der Vergessenheit entreissen. Selbst das Zeitmaas, das geschwinde und langsame, das schwache und starke, selbst der Accent, den man gewissen Tönen vor andern geben muß, eine Geschicklichkeit, die so viel ausrichtet, als der Accent der


  1. Man kann dieses nicht, im scharfen Verstande genommen, sagen. Denn es giebt noch viele Töne in der Natur, die bey der Musik nicht zu gebrauchen, weil sie keine Proportion mehr zu unserm Gehör haben, und also undeutlich von solchem vernommen werden. Daher kommt es, daß man den Ton so der Donner verursachet, oder ein Carthaunenschuß macht, nicht deutlich vorzeichnen kann.
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Lorenz Christoph Mizler (1711–1778): Mizler Musikalische Bibliothek Band 4 1754. Mizlerischer Bücher-Verlag, Leipzig 1754, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mizler_Musikalische_Bibliothek_Bd4_1754.pdf/19&oldid=- (Version vom 5.3.2024)