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strengungen aus dem Elend zu entkommen, das sie unentrinnbar festzuhalten scheint, sind schwächer und schwächer geworden; freilich muß man billigerweise zugleich anerkennen, daß für diese Opfer der politischen Entwicklung Osteuropas die ausschließliche Selbsthilfe fast zu einer Unmöglichkeit geworden ist.

Die Hilfe muß von außen kommen.

Worin sie nicht bestehen kann, ist mit Leichtigkeit zu sagen.

Eine Auswanderung in großem Maßstabe kommt nicht mehr in Betracht, seitdem die Vereinigten Staaten von Amerika nur noch die sogenannte „Quote“, wie angeführt, hereinlassen. Andere Länder sind in erheblichem Umfange auch nicht aufnahmefähig für Auswanderer; ganz und gar nicht Europa, das minderbemittelte und arme Schichten bereits im Uebermaß auf eigenem Boden hat.

Wenn nicht durch Auswanderung, so muß die Ostjudenfrage durch russissche Binnenwanderung gelöst oder doch wenigstens einer Lösung entgegengeführt werden.

Das Reich der Sowjet-Unionen, das, an den westlichen Grenzen beginnend, das gesamte nördliche Gebiet Asiens bis zum stillen Ozean ausfüllt, ist vielfach außerordentlich dünn bevölkert; es bietet sich hier Raum für Millionen unter einer Voraussetzung, daß nämlich nicht nur die fruchtbarsten Ländereien im europäischen Rußland, sondern auch die städtischen Siedlungen in Europa, sowie das flache Land in Asien mit in Betracht gezogen werden.

Es ist vor allem ein Betrachtungsfehler, der nur allzuhäufig auftaucht, mit der Wurzel auszurotten.

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Paul Nathan: Das Problem der Ostjuden. Philo Verlag und Buchhandlung GmbH, Berlin 1926, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nathan-Das_Problem_der_Ostjuden_(1926).djvu/26&oldid=- (Version vom 1.8.2018)