Behörden eine Expedition Rußland zu bereisen, um festzustellen, in welche Städte eine Uebersiedlung durchführbar und wirtschaftlich zweckmäßig wäre. Ebenfalls zu untersuchen wären durch eine Expedition jene ländlichen Gebiete, die für die Ansiedlung von Bauern in Betracht kommen, und die durch die Sowjet-Regierung zur Verfügung gestellt werden können.
Es wird nicht ganz leicht sein, für diese Aufgaben geeignete Personen zu finden, die über Sachkenntnis auf ihrem Gebiet, über Zuverlässigkeit und über schnelle Urteilsfähigkeit verfügen müssen.
In den Städten wird sich die Aufgabe leichter lösen lassen. In Anlehnung an die bereits vorhandene wirtschaftliche Entwicklung sind die Entscheidungen zu treffen. Die Nachfrage nach Arbeitern, soweit sie vorhanden, ist ein sicherer Maßstab; weit schwerer schon ist die Beurteilung der Entwicklungsmöglichkeiten vorhandener Arbeitsgebiete, und die Einführung neuer wirtschaftlicher Betätigungen. Es ist ganz klar, daß auf diesem Gebiete tastend, experimentierend vorgegangen werden muß, sollen ernste Rückschläge vermieden werden. Kleine und kleinere Gruppen müssen zunächst aus dem früheren Rayon in jene Gebiete übergeführt werden, die ihnen neue Lebens- und Erwerbsmöglichkeiten bieten sollen. Haben diese kleinen Gruppen dann festen Fuß gefaßt, so können je nach der Aufnahmefähigkeit weitere Trupps folgen, wobei einer Uebersättigung des einzelnen Gebietes mit Sorgfalt vorzubeugen ist.
Noch größere Verantwortung bietet die Auswahl der zur Verfügung stehenden Ländereien für die Ansiedlung von Bauern. Wo Bauernsiedlungen in der Nähe vorhanden sind, kann durch Analogieschlüsse mit einiger Sicherheit über die Gesundheitsverhältnisse und über die zuverlässige Ergiebigkeit des
Paul Nathan: Das Problem der Ostjuden. Philo Verlag und Buchhandlung GmbH, Berlin 1926, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nathan-Das_Problem_der_Ostjuden_(1926).djvu/31&oldid=- (Version vom 1.8.2018)