die hier und da zu ermangeln schienen, wird er mit wenig Mühe künftig seinen Gemälden leicht geben können; aber mit allen möglichen Zwischentönen allein würde er nie ein gutes Bild liefern können, wenn ihm die Natur das versagt hätte, was sie ihm doch gewiß gab, Geist und Gefühl. – Die verschiedenen Urtheile, die ich über dieses Bild hörte, umschwebten selbiges nach meinen Gedanken, wie die bösen Schatten das Grab eines gutartigen Jünglings, den sie nicht verführen konnten, vielleicht umschweben mögen. Auch hier hätte ich manchen großen und kleinen Sünder lieber Verzeihung für seine eigne Missethaten suchen sehen.
In dem Leipziger Zimmer allein entdeckten wir noch Spuren, daß die Kupferstecherkunst ein wichtiger Zweig der Akademie sey. Die Herrn Bause und Geyser, ersterer durch das zum frommen Ideal erhobene Bildniß Jerusalems nach Oeser, letzterer durch vielfache Arbeiten nach Oeser, Schenau und Chodowiecki, hatten für die Ehre unser Ausstellung in diesem Fache gesorgt; zugleich aber waren auch verschiedene Blätter von Thönert, von Endner und dem fleißigen Liebe vorhanden.
Vorzüglich aber wurden wir durch zwo mit kühnem Pinsel und im guten Ton gemalte Landschaften von dem ältern Sohne Oesers überrascht. Dieser junge Mann, der sich jetzt hier in Dresden aufhält und die Grundsätze seines Vaters mit dem Studium unserer hiesigen schönen Natur
Unbekannt: Ueber die Dresdner Gemäldeausstellung vom Jahres 1781. Dyckische Buchhandlung, Leipzig 1781, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neue_Bibliothek_der_sch%C3%B6nen_Wissenschaften_Gem%C3%A4ldeausstellung_Dresden_1781.djvu/13&oldid=- (Version vom 29.9.2024)