Nimmt man diesen, durch die Wärme verursachten, Unterschied von den 1¼ Linien, welche Richer gefunden hat, fort; so bleibt immer noch ein Längen-Unterschied von 11/12 Linien, welcher genügend mit dem, früher durch die Theorie gefundenen, von 187/1000 Linien übereinstimmt. Richer wiederholte seine Beobachtungen zu Cayenne, 10 Monate hindurch, in jeder Woche und verglich die Länge des Pendels an diesem Orte mit der in Frankreich bestimmten Länge desselben. Die anderen Beobachter haben ihre Bestimmungen nicht mit derselben Sorgfalt und Vorsicht angestellt, und sieht man daher Richer’s Beobachtungen als genau an, so folgt daraus, dass die Erde am Aequator ungefähr um 17 Meilen höher sein müsse, als an den Polen, wie die vorhergehende Theorie es ergeben hat.[1]
§. 25. Lehrsatz. Die Aequinoctialpunkte schreiten zurück, und die Erdaxe befindet sich bei jedem jährlichen Umlaufe in einer wankenden Bewegung (Nutation), vermöge welcher sie sich zweimal der Ekliptik nähert und zweimal in ihre erste Lage zurückkehrt.
Dies wird durch §. 107., Zusatz 20. des ersten Buches erwiesen; die Nutation muss aber sehr schwach sein und man kann sie kaum bemerken.[2]
§. 26. Lehrsatz. Alle Bewegungen des Mondes und alle Ungleichheiten folgen aus den angeführten Principien.
Während die grösseren Planeten sich um die Sonne bewegen, können sie auf ihrer Bahn andere kleinere Planeten mit sich führen, welche sich in Ellipsen um sie drehen, in deren Brennpunkt der Mittelpunkt der grösseren Planeten liegt. Dies ist nach §. 106. des ersten Buches klar. Die Bewegungen der kleinen Planeten werden auf mehrfache Weise durch die Einwirkung der Sonne gestört, indem diese solche Ungleichheiten in ihrer Bewegung hervorbringen muss, wie man sie an unserem Monde wahrnimmt. In den Syzygien bewegt sich derselbe (nach §. 107., Zusatz 2., 3., 4. und 5.) geschwinder und beschreibt mit dem nach der Erde gezogenen Radius in gleichen Zeiten grössere Flächenräume, er durchläuft eine weniger gekrümmte Bahn und nähert sich folglich der Erde mehr, als in den Quadraturen; so weit nicht seine excentrische Bewegung dies verhindert. Die Excentricität des Mondes ist nämlich am grössten (nach §. 107., Zusatz 9.), wenn sein Apogeum in den Syzygien, und am kleinsten, wenn es in den Quadraturen liegt. Der Mond geht daher im Perigeum schneller und ist der Erde näher, und umgekehrt bewegt er sich im Apogeum langsamer und ist weiter von der Erde entfernt, wenn er sich in den Syzygien befindet, als wenn er in den Quadraturen stände. Ferner schreitet das Apogeum vorwärts, die Knoten bewegen sich hingegen rückwärts, jedoch mit ungleicher Bewegung.[3] Das Apogeum geht (nach §. 107., Zusatz 7. und 8.) schneller vorwärts in den Syzygien und langsamer rückwärts in den Quadraturen, und durch den Ueberschuss der rechtläufigen Bewegung über die rückgängige geht es jährlich in rechtläufiger Richtung fort. Die Knoten befinden sich aber (nach §. 107., Zusatz 2.)
- ↑ [628] No. 232. S. 409. Bezeichnet a und b bezüglich den Halbmesser am Aequator und am Pole, so ist nach §. 23. a : b = 230 : 229, welche Proportion der Berechnung der Tabelle im gegenwärtigen §. zum Grunde liegt und womit Richer’s Resultat nahe übereinstimmt. Es wird also a – b = a und da = 3923,16 Meilen (§. 23.) a = 3932 M. a – b = 171/10 M. wie §. 23.
- ↑ [628] No. 233. S. 409. Bekanntlich wird gegenwärtig bei allen astronomischen Rechnungen die Nutation gehörig berücksichtigt.
- ↑ [628] No. 234. S. 409. Nach Hansen a. a. O. beträgt die tägliche Bewegung des Perigeums 6′ 41,″0 von Westen nach Osten, die tägliche Bewegung der Knotenlinie 3′ 10,″64 von Osten gegen Westen.
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 409. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/417&oldid=- (Version vom 1.8.2018)