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Wren, Johann Wallis und Christian Huygens, die ersten Geometer unseres Jahrhunderts, die Regeln für den Zusammenstoss und die Zurückwerfung zweier Körper, jeder für sich gefunden und fast zu derselben Zeit der Königlichen Societät mitgetheilt, wobei sie (was die Gesetze betrifft) durchaus mit einander übereinstimmten. Zuerst machte Wallis, hierauf Wren und dann Huygens seine Erfindung bekannt und der zweite zeigte der Societät die Richtigkeit seiner Erfindung an einem Pendelversuche, den der berühmte Mariotte in seinem eigenen Werke aus einander zu setzen, für würdig erachtete. Damit dieser Versuch aufs schärfste mit der Theorie übereinstimme, muss man so wohl auf den Widerstand der Luft, als auf die Elasticität der zusammenstossenden Körper Rücksicht nehmen.

Fig. 4.

Es hängen zwei Körper A und B an den parallelen und gleichen Fäden CA und DB von den Mittelpunkten C und D herab. Von diesen Mittelpunkten und mit diesen Halbmessern werden die Halbkreise EAF und GBH beschrieben, welche durch die Halbmesser CA und DB halbirt werden. Nun bringe man den Körper A nach dem beliebigen Punkte R des Bogens EAF, und lasse ihn von dort, nachdem B fortgenommen ist, fallen; er möge nach Zurücklegung einer Schwingung zum Punkte V zurückkehren. Alsdann ist RV die durch den Widerstand der Luft bewirkte Verzögerung. Ist nun ST = ¼RV und in der Mitte von RV liegend, dergestalt dass

RS = TV

und

RS : ST = 3 : 2;

so drückt dieser Bogen ST sehr nahe die Verzögerung aus, welche der Widerstand der Luft, während des Herabfallens von S bis A hervorbringt.[1] Hierauf bringe man den Körper B wieder an seine Stelle zurück. Fällt der Körper A jetzt von S herab, so wird seine Geschwindigkeit im Zurückwerfungspunkte A ohne merklichen Fehler eben so gross sein, als wenn er im luftleeren Raume vom Punkte T herabgefallen wäre. Diese Geschwindigkeit kann man durch die Sehne TA darstellen; denn es ist ein bekannter Satz der Geometrie, dass die Geschwindigkeit eines Pendels im tiefsten Punkte sich wie die Sehne des durchlaufenen Bogens verhält. Nachdem die Körper einander zurückgeworfen haben, gelange A nach s und B nach k, und während B fortgenommen wird, falle A von v herab und gelange nach Zurücklegung einer Schwingung bis r zurück. Ist dann

st = ¼rv

und in der Mitte von rv gelegen, dergestalt dass

rs = tv;

  1. [577] No. 1. S. 40. (Dortige Figur). RV drückt die ganze Verzögerung aus, welche das Pendel durch den Widerstand der Luft erleidet, während es eine doppelte Schwingung ausführt; dieselbe widerstehende Kraft würde daher ½RV hervorbringen, während das Pendel eine einfache Schwingung zurücklegt. Der Anfangspunkt der letzteren ist aber weder in R noch in V, sondern in irgend einen zwischen beiden liegenden Punkt zu setzen, weil der Körper eine grössere Verzögerung erlitten hat, während er den grösseren Bogen der ersten, als während er den kleineren Bogen der zweiten Schwingung beschrieb. Dieser zwischenliegende Punkt wird genähert erhalten, wenn man ST = ¼RV so in die Mitte legt, dass der Punkt x sowohl ST als RV halbirt.
    Ist nämlich Y der Punkt auf AF, welchen der Pendel nach der ersten Schwingung von R an erreicht, so ist RA – AY die Verzögerung während der ersten und AY – AV die Verzögerung während der zweiten Schwingung, und genähert RA – AY = AY – AV oder AY = ½(RA + AV), hingegen genau Ax = ½(AR + AV) und so mit demselben Grade der Annäherung Ax = AY = ½(AR + AV) = ¼(AR + AV + 2AY) = ¼(RY + VY). Hiernach wird SA etwas grösser und TA etwas kleiner als ¼(RY + VY), welche beide in der Klammer befindliche Bogen das aus R losgelassene Pendel beschreibt. Fällt es von S herab, so erleidet es während des Falles bis A eine etwas grössere Verzögerung als ¼RV, dagegen wenn es hernach durch TA aufsteigt, eine um fast eben so viel kleinere Verzögerung als ¼RV, und man kann daher die ganze Verzögerung des von S herabgefallenen Pendels, während Einer Schwingung = ½RV setzen. Obgleich jener Theil, welcher beim Falle durch SA eingeflösst sein würde, damit die Geschwindigkeit des Pendels in A kleiner sei, als wenn es im luftleeren Raume durch TA gefallen wäre, grösser ist als ¼RV; so wird doch der Unterschied so gering sein, dass man ihn als unbedeutend ansehen kann.
Empfohlene Zitierweise:
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/48&oldid=- (Version vom 1.8.2018)