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worauf der Mann eine Berührung um seine Augen herum fühlte und mit einem Mal wieder sehen konnte. Da erblickte er auch das ganze Mutesheer, das war eine Schaar ganz verschiedener Menschen, alte und junge, Männer und Weiber, und alle machten einen wilden Lärm. (M.) In Onstmettingen ließ sich ehedem das wilde Heer vernehmen, es machte die schönste Musik in den Lüften, besonders über des Jokelis Bauernhaus. (B.)

Eine besondere Art von Hexen, die das Albdrücken hervorbringen, nennt man Schrettele oder Schrettle, im ganzen Bezirk bekannt. Sie quälen nicht blos Menschen, sondern auch Thiere, flechten namentlich den Pferden Zöpfe in Mähnen und Schweif, meist bei Nacht, worauf die Pferde des Morgens am ganzen Leibe schwitzen und vor Angst zittern. Drei in einander geschlungene Dreiecke, der sogenannte Drudenfuß, auf der Schwelle der Thüre oder des Stalls angebracht, schützen davor.


3. Zwerge und Erdmännlein.

Erdmännlein werden viel besprochen in der Gegend, auch ohne daß dieselben zu bestimmten, an gewisse Orte gebundenen Sagen geführt haben. Nur einige solche sind bekannt.

In einem Wald bei Geislingen gab es ehedem viele Erdmännle und Erdweible. Das waren ganz kleine Leute, die thaten alle Arbeit für die Menschen, kehrten das Haus, fütterten das Vieh und backten das Brod. Einstmals kam ein solches Erdmännlein nach Geislingen zu einer Hebamme und bat dieselbe, daß sie doch mit ihm gehen und seiner Frau, die eben niederkommen wollte, helfen möchte. Die Hebamme aber fürchtete sich, weil es Nacht war, und begehrte, daß auch ihr Mann mitgehe. Das Erdmännlein hatte nichts dagegen und ging alsbald mit einer Laterne voran und zeigte der Hebamme und ihrem Mann den Weg in den Wald. Nach einer Weile kamen sie vor eine Moosthüre, die that sich auf und sie traten in einen unterirdischen Gang. Darauf kamen sie zu einer hölzernen Thüre und gingen durch dieselbe hindurch. Endlich kamen sie noch an eine dritte Thüre, die war von glänzendem Metall und darauf ging es eine Treppe hinunter, tief in die Erde hinein, und dann traten sie in ein prächtiges großes Zimmer, woselbst das Erdweiblein im Bette lag und sogleich von der Hebamme entbunden wurde. Da bedankte sich das Erdmännlein recht schön und sagte: „Unser Essen und Trinken schmeckt euch doch nicht, deshalb will ich Dir hier etwas anderes mitgeben.“ Und bei diesen Worten gab es der Hebamme eine ganze Schürze voll schwarzer Kohlen; die nahm sie zwar hin, dachte aber, wenn du erst draußen bist, so wirfst du sie wieder fort, denn sie fürchtete sich, das Erdmännle zu beleidigen, sonst hätte sie ihm die Kohlen sogleich wieder vor die Füße geschüttet. Alsdann nahm das Erdmännle seine Laterne und leuchtete der Hebamme wieder heim. Unterwegs aber langte die Hebamme heimlich in ihre Schürze und warf eine Kohle nach der anderen hinaus, und das ging so fort bis dicht vor Geislingen. Da sagte das Erdmännle, welches wohl bemerkt hatte, was die Frau that:

„Wie minder ihr zettelt,
Wie mehr ihr hättet.“

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0129.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)