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Hauptstraße, sonst nur schmale Gassen vorhanden, in welche 350 Gebäude eingepreßt waren; dazu vor den Häusern die Misthaufen, hinten die Holzlegen. Außerhalb der Thore lagen nur wenige Häuser. Jenen von Goethe 1797 beklagten Mißständen wurde durch die Katastrophe vom 30. Juni 1809 abgeholfen. Durch Blitzschlag in der Nähe des untern Thors ausgebrochen, verzehrte der Brand innerhalb der Mauern 335 Gebäude (neben einigen Vorstadtgebäuden blieben stehen: der sog. Freihof im NO., das Wirthshaus zur Rose mit der Jahreszahl 1701 nebst Eckverzierung, Adam und Eva, sowie einem Ritter; ferner das Dekanat und Kameralamt, sowie einige weitere Privatgebäude umfassend, im SO. Oberamtsscheuer, Schloß, Fruchtkasten, in der Mitte die Herrenmühle; sodann eine Reihe zwischen Kanal und Eyach gelegener Gerberwerkstätten), so daß die Neuanlage eine so gut als völlige wurde. Dieselbe, welche sich offenbar die von Tuttlingen zum Muster nahm, gab der Stadt einen regelmäßigen Grundriß, ansehnliche, vielfach 3stöckige Häuser, eine Hauptstraße von 70 Fuß Breite und genügend breite Seitenstraßen. Nur hätte, wie dort, die Zurichtung des Grundes für den Ablauf des Wassers besser berechnet werden dürfen. Der Platz blieb in der Hauptsache derselbe oblonge; nur wurde auf der Nordseite jenseits des Grabens ein neues Quartier angelegt, wodurch die durch ihre gediegene Bauart gerettete Kirche, vor der mit Benützung der Hauptstraße ein quadratischer Marktplatz ausgespart wurde, nun den Mittelpunkt der Stadt beherrscht. Doch schickt diese jetzt in ihrer Längenachse auch noch einige ansehnliche Vorstadtsstraßen aus: drei gegen Süden, wovon die mittlere die Hauptstraße fortsetzt, die linke sich weit an der Schweizerstraße hinzieht, eine ansteigende gegen NW. Geislingen zu, die neueste mit hübschen modernen Häusern gegen den nördlich schön im Angesicht der Burg Zollern gelegenen, in den Hochbauten aber noch unvollendeten Bahnhof. 1

Unter den Gebäuden der Stadt steht noch immer oben an die (von der Stiftung zu unterhaltende) alte Leutkirche unserer lieben Frau, jetzige Stadtpfarrkirche, welche 1255 zuerst vorkommt. Von der alten romanischen Anlage sind wohl in dem schmäleren Theile zwischen Langhaus und Thurm noch Spuren des Hochschiffs vorhanden. Die Neuanlage von 1443 (in der östlichsten Chormauer steht: Structura. hec. est. incepta. proxima. feria. secunda. post. octavas. pentecostas. anno. domini. MCCCCXLIII †) rührt von dem Baumeister der alten

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0261.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)