Seite:OABalingen0496.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

In der Mitte erhebt sich, vom gutummauerten Kirchhof umschlossen, die stattliche, in ihrer ursprünglichen Anlage wahrscheinlich sehr alte Kirche; in der Nordostecke zwischen Chor und Langhaus ein großer und starker Thurm mit gothischen Schallfenstern und Zeltdach, über dem Westgiebel ein schönes, geschmiedetes Kreuz. Der Chor schließt mit 3 Seiten des Achtecks. Die jetzige Gestalt der Kirche stammt aus dem Jahr 1595, welche Zahl über dem Hauptportal angebracht ist; die Fenster haben noch spätgothische Formen (auch gothische Steinmetzzeichen) indeß das umlaufende Hauptgesims in Karniesform, sowie die Stuckbekleidung des Inneren mit schönen Akanthusblättern den Renaissancegeschmack verkündigt. Eine Sonnenuhr zeigt die Jahrszahl 1725. Das Innere ist freundlich, mit flacher, gut getäfelter Decke, ebensolchem stuckirtem Chor hinter dem gothischen Triumphbogen. Der Taufstein alt, achteckig; die Kanzel in hübschem Barock mit Bildern der 4 Evangelisten; über dem Haupteingang ein schöner, schlanker Cruzifixus (wohl auch aus der Zeit um 1595), an der Kanzel eine eiserne Tafel mit den wichtigsten Tagen von 1870–71.

Der Thurm[1] enthält 3 Glocken. Die größte zeigt die Jahrszahl 1489 und die Inschrift in gothischen Minuskeln: s. lucas. s. marcus. s. mateus. s. johannes. die bechiedent win und k(o)arn. s. michkeilin. bit virs (für uns).

Auf der mittleren: Da pacem domine in diebus nostris. Anno 1658 in Stuttgart. Nacher Tiringen Hans Georg Herold. Die kleinste ist von Benj. Grüninger u. S. in Villingen umgegossen und zeigt: Komm heiliger Geist kehr bei uns ein. An die Kirche schließt sich das stattliche, 1827 erbaute Pfarrhaus an, welches eine herrliche Aussicht ins Schlichemthal bietet. Die Stiftung hat beide zu unterhalten.

Das 1833 erbaute, 1877 renovirte Schulhaus steht an der Hauptstraße und enthält 2 Lehrzimmer, wie die Wohnungen der beiden Schullehrer. Das Rathhaus ist sehr alt, 1855 eingerichtet. Weiter bestehen 5 Backhäuser und 1 Schafhaus.

Gute Vizinalstraßen vermitteln die Verbindung mit Balingen, Ober-Digisheim, Hossingen, Hausen a. Th. Eine steinerne Brücke führt über die Schlichem, eine hölzerne über die Beera; die Gemeinde hat beide zu unterhalten.


  1. Nach einer Urkunde im St.Arch. fiel 1592 der Thurm ein und hatte der Fürstl. Baumeister G. Beer den Überschlag über die Wiederherstellung zu machen.
Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 496. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0496.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)