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Die kräftigen, meist etwas hageren Einwohner, von denen vier 80 Jahre alt sind, haben einen gutmüthigen Charakter, der nur bei manchen fester sein dürfte; einige, besonders Frauen, halten noch an der alten Tracht (Bändelhäubchen) fest. Frühere Volksspiele sind längst abgekommen.

Die Vermögensverhältnisse gehören nicht zu den besseren. Der vermöglichste Bürger besitzt 40 M. Feld, der Mittelmann 10–15, die Armen nur einige Allmandstückchen. Auf anliegenden Markungen besitzt man etwa 100 M. Güter.

Der Hauptnahrungszweig ist Feldbau; weniger Viehzucht; jener hat sich in neuerer Zeit sehr gehoben, besonders durch besseres Beispiel Einzelner, und wird es noch mehr, wenn mit Durchführung der Feldregulirung der Güterzerstücklung und dem Flurzwang ein Gegengewicht geboten sein wird.

Von gewerblicher Thätigkeit findet sich die Weißstickerei, welche von W. aus sich über die ganze Gegend verbreitet hat, aber seit Erfindung der Stickmaschinen mehr und mehr zurückging, fast in jedem Hause, neuestens auch in einem Etablissement mit 50 Maschinen; ferner die Seidenzwirnerei, gleichfalls mit Absatz in die Schweiz. Die früher stark betriebene Korsettweberei ist sehr im Abgang. Auch der Absatz von Produkten der Schreinerei hat gegenwärtig aufgehört, und die kleineren Erwerbszweige der Korbflechterei und Besenbinderei werfen gleichfalls nicht viel ab. – Schildwirthschaften gibt es 21, davon 7 mit Brauerei; Kaufleute und Krämer 8. Im Jahr werden 2 Märkte gehalten, welche in guten Zeiten ziemlich besucht sind. Auch starker Viehhandel findet dabei statt. Dem Verkehr nach außen, hauptsächlich der Zufuhr von Lebensbedürfnissen, dienen 2 Frachtfuhrleute, einer nach Ebingen, einer zum Bahnhof Straßberg (früher die Hauptvermittler des Verkehrs der Gegend mit Stuttgart, Heilbronn, Frankfurt, Konstanz, Schweiz). – Eine Mühle mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang ist vorhanden.

Die große, von N. nach S. langgestreckte, in ihrer nördlichen Hälfte waldige Markung verdankt ihren Boden dem oberen weißen Jura, südlich vom Ort der Meeresmolasse, die aber gleichfalls hauptsächlich aus Juragerölle besteht. Derselbe hat daher den bekannten Albcharakter: kalkig, hitzig, steinig, nicht besonders tiefgründig, doch fruchtbar; mit einigen sumpfigen Stellen. Ein Steinbruch gibt Bausteine, von denen einige auch nach außen abgesetzt werden. Auch eine Kiesgrube ist vorhanden.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 525. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0525.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)