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6. Das Spitalgebäude, welches 1844 erbaut, und dem 1863 ein Irrenlokal angebaut wurde, steht in der östlichen Vorstadt; es ist Eigenthum der Stiftungspflege mit Ausnahme des Irrenlokals, das der Amtskorporation gehört. In den Spital werden nicht allein Arme der Stadt, sondern auch der Amtsorte in Kost und Wohnung genommen, weßhalb die Amtskorporation der Stiftungspflege Marbach jährlich 100 fl. entrichtet[1].

Ferner besitzt die Gemeinde eine Kelter mit 6 Schnellpressen, ein außerhalb (südlich) der Stadt gelegenes Schafhaus, zwei Backhäuser etc.; auch der obere Thorthurm, in welchem sich das Oberamtsgefängniß befindet, ist Eigenthum der Stadt.

Dem Staat gehören folgende Gebäude:

1. Das Oberamtsgerichtsgebäude, auf der Stelle des ehemaligen Schlosses, ein großes massiv erbautes, dreistockiges Gebäude, das auf der südlichen Stadtmauer frei und angenehm gelegen ist und zu dem ein ausgedehnter Hofraum und ein kleiner Garten gehört; an dasselbe ist das Oberamtsgerichtsgefängniß angebaut. In den anstoßenden Gärten befinden sich noch alte Kellergewölbe, die ohne Zweifel von ehemaligen zum Schloß gehörigen Gebäuden herrühren.

2. Das Oberamteigebäude steht ebenfalls an der südlichen Stadtmauer und ist in einem gewöhnlichen Styl dreistockig erbaut.

3. Das Dekanathaus steht in der Strohgasse und befindet sich in gutem baulichen Zustande; über dem Eingang ist das württembergische Wappen und die Jahrszahl 1700 angebracht.

4. Das Diakonathaus, ein minder ansehnliches Gebäude, das die Ecke der unteren Holdergasse mit der Nikolausthorgasse bildet.

Ganz besondere Erwähnung verdienen noch zwei Gebäude, in welchen die Wiegen von zwei großen Marbachern, Friedrich v. Schiller und Tobias Mayer, standen.

Das Haus, in welchem der unsterbliche Schiller das Licht der Welt erblickte, steht in der Nikolausthorgasse unfern des ehemaligen Nikolausthors; ursprünglich ein ganz einfaches Bäckerhäuschen, wurde es im Jahr 1859 von dem Schillerverein[2] in Marbach um 4000 fl. erkauft und nach dem Plan des Oberbauraths Leins in


  1. Urkunde Graf Ulrichs vom 9. Nov. 1470 über die Erweiterung des bisherigen Armenhauses zu einem Spital. Sattler, Grafen 3. Beil. Nr. 48. Kast 118.
  2. Der im Jahr 1858 gegründete Schillerverein machte sich zur Aufgabe mittelst freiwilliger Beiträge das Geburtshaus Schillers anzukaufen und
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0121.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)