Seite:OAMarbach0182.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

wenigstens im 13. Jahrhundert im Besitz der älteren Grafen von Löwenstein, eines Calwer Nebenzweiges.

Kurz vor dem Erlöschen dieses Geschlechts war Kunegunde von Löwenstein in den 1280er Jahren Äbtissin von Lichtenstern und wohl dieser Umstand vermittelte bei ihren Verwandten die Überlassung der Kirche an ihre Abtei. Vollzogen wurde die Übergabe übrigens erst durch den Grafen Albrecht von Löwenstein mittlerer Linie (Act. Theod. Pal. 1, 355). Mit dem Kloster gelangte der Pfarrsatz durch die Reformation an Württemberg.


Erdmannhausen,
mit Bugmühle,
Gemeinde II. Kl. mit 971 Einw., wor. 5 Kath. – Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Ludwigsburg eingepfarrt.

Der ziemlich regelmäßig und gedrängt angelegte Ort hat 1/2 Stunde östlich von der Oberamtsstadt, auf der Hochebene zwischen dem Neckar- und dem Murrthal, eine freie, jedoch etwas unebene Lage, indem der größere Theil des Orts in eine ziemlich stark einfallende Mulde hingebaut ist.

Am nördlichen Ende des Orts liegt erhöht Kirche, Pfarr- und Schulhaus. Die mit der starken Mauer des ehemaligen Begräbnißplatzes umgebene Pfarrkirche ist im einfachen gothischen Style, mit spitzbogigen Eingängen und Fenstern erbaut; aus den letzteren sind die Maßwerke in den Bogentheilen herausgenommen worden und nur das mittlere Fenster des mit einem halben Achteck schließenden, mit Streben versehenen Chors zeigt noch gedreite Füllungen aus der frühgothischen Periode und Reste von alten Glasmalereien. Auch über dem Eingang an der westlichen Giebelseite hat sich ein frühgothisches Doppelfensterchen erhalten. Den massiven, 4stockigen Thurm deckt ein Bohlendach, aus dem eine sog. Laterne emporstrebt. Das im Jahr 1864 recht freundlich erneuerte Innere der Kirche ist im Langhaus flach getäfelt, während den Chor ein Kreuzgewölbe deckt. Nördlich am spitzen Chorbogen befindet sich ein baldachinartiger Überbau eines ehemaligen Seitenaltars; er ist mit einem Netzgewölbe versehen, auf dessen Schlußstein Johannes dargestellt ist. Der im gothischen Styl gehaltene hohle, achteckige Taufstein trägt das Württembergische und das Kloster Murrhardtsche Wappen nebst der Jahrszahl 1494. Auf dem Altar steht ein altes, lebensgroßes Kruzifix. Die neue Orgel ist im gothischen Geschmack schön gefaßt.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0182.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)