Seite:OAMarbach0196.jpg

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Am nördlichen Ende der oberen Vorstadt steht das Kameralamtsgebäude, das ehemalige von Bouwinghausen’sche Schloß, das Rechberg’sche Freihaus genannt (im vorigen Jahrhundert im v. Schützschen Besitz), welches 1826 Kameralverwalter Heller von dem Herrn v. Bouwinghausen erkaufte und 1838 an den Staat verkaufte, der es zu seiner gegenwärtigen Bestimmung einrichten ließ; es ist ein freundliches wohlerhaltenes Gebäude mit Erker und wird von geschmackvoll angelegten Gärten umgeben.

Von Privathäusern, die größtentheils neben steinernem Unterstock ein altes, interessantes Gebälkwerk und nicht selten vortretende Stockwerke haben, sind wegen ihres Alters und alter Bauart noch besonders zu erwähnen: in der langen Straße das ehemalige, nunmehr dem Schlossermeister Breischaft gehörige Kloster mit steinernem Unterstock, an dessen Ecke ein halbrunder Wulst hinzieht, der noch in die romanische Periode zurückdeutet; die übrigen Stockwerke haben ein sehr schönes, theilweise gut geschnitztes Eichengebälkwerk. Über dem Eingang steht die Jahrszahl 1558, die uns vermuthlich die Zeit einer Erneuerung des Gebäudes angiebt.

In der gleichen Straße steht das Haus des Weingärtners Körner mit altem, steinernem Unterstock, an dem die Jahrszahl 1549 angebracht ist, und theilweise ornamentirtem Eichengebälkwerk.

In der Mühlgasse stehen 2 Häuser mit spitzbogigen Eingängen und den Jahrszahlen 1595 und 1599.

Das der Wittwe des Kupferschmieds Gscheidle und dem Nagelschmied Philipps gehörige Haus in der Hauptstraße soll ein Kloster gewesen sein; es enthält theilweise noch schönes Balkenwerk und einen spitzbogigen, nun zugemauerten Eingang, über dem ein altes, aus Stein gehauenes Bild, drei bärtige Männer, über denen der heilige Geist schwebt, angebracht ist; auf beiden Seiten des Bildes befinden sich Wappenschilde, der eine einen Hammer, der andere einen Hahn enthaltend.

Den Trinkwasserbedarf liefern hinreichend 4 laufende und etwa 20 Pumpbrunnen; unter den ersteren befindet sich der vor dem Rathhaus stehende vierröhrige Marktbrunnen, an dessen Brunnentrog die Jahrszahl 1747 angebracht ist. Das Wasser des Marktbrunnens ist minder gut als das der übrigen Brunnen.

Überdieß fließen an der Ostseite der Stadt die Bottwar und an der Westseite die kleine Bottwar vorüber und vereinigen sich unterhalb der unteren Vorstadt. Die aus den waldreichen Löwensteiner Bergen herkommende Bottwar tritt in Folge starker Regengüsse oder

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0196.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)